Christa Vogel

DSE Frei
Theater
Alexej Schipenko

Naturalwirtschaft in Shambala

Deutsch von Christa Vogel
3 D, 17 H, (Doppelbesetzungen möglich), St, Verwandlungsdek

Aus dem St. Petersburg des ausgehenden 19. Jahrhunderts verschleppt der ehemalige Arzt Brando den Körper des verstorbenen Mädchens Lisa nach Shambala, ins mythische Tibet. Lisa wird - 5 Jahre später - an ihrem Geburtstag auferweckt, und die beiden leben dort mit Toten, Untoten, Lebenden und Noch-nicht-Geborenen in einer Kommune zusammen.
In Shambala ist alles möglich, denn in Shambala gibt es nur das Hier und Jetzt. Hitler malt und spielt mit Mussolini Schiffe-Versenken; Marx als Bäcker serviert Bier und Piroggen und zitiert währenddessen aus seinen Werken; Lama -"eine der Säulen des Lamaismus"- ist Alkoholiker und beschimpft Napoleon. Nostradamus prophezeit die Apokalypse, buddhistische Mönche sitzen herum und meditieren von Zeit zu Zeit mit sonoren Bässen.
Doch eine Expedition aus St. Petersburg, angeführt von Lisas Cousin, Sascha, dringt in Shambala mit dem Ziel ein, alle zu vernichten.
Brando, Sascha und Lisa bleiben übrig, die drei leben weiter, um sich gegenseitig umzubringen. 5 Jahre später feiern sie dann gemeinsam Brandos Geburtstag.
Die letzte Szene gleicht der Anfangsszene, der Kreis schließt sich, der Reigen könnte von neuem beginnen...

In 23 Kapiteln erzählt Alexej Schipenko in einem rätselhaften, scheinbar irrealem Szenenreigen ein Epos über das Leben und die Liebe.
Durch das Auflösen von Grenzen wie Zeit und Ort in der Utopie Shambala erzeugt er beim Zuschauer eine neue Aufmerksamkeit für (Geschichts-)Figuren und die mit ihnen verhafteten Klischees, die andere Facetten und Perspektiven öffnet.
Mit Möglichkeiten und Unmöglichkeiten des Theaters jongliert Alexej Schipenko, er spielt und bricht mit den Mitteln des Mediums, reizt diese aus. Was ist Schein, was Traum, was Wirklichkeit ?

Witold Gombrowicz

Operette

Deutsch von Christa Vogel
4 D, 13 H, St, Verwandlungs-Dek

Auch in diesem Werk des Autors steht eine Außenseiterin im Mittelpunkt, die ihre Umwelt herausfordert: Albertinchen, die mit ihrem Schrei nach Nacktheit, das heißt nach unverhüllter Wahrheit, nach Natur ohne kunstvolle Verkleidung, Empörung auslöst. Gombrowicz bevölkert das Schloss Himalaj mit sämtlichen Klischees der Operettenwelt: Prinz und Prinzessin als Feudalherren, ihr Sohn, Graf Charme, der Herzensbrecher vom Dienst, der mit Baron Firulet um den Rekord an Liebschaften rivalisiert, sind von einem servilen Hofstaat umgeben, in dem der Modeschöpfer Fior den Ton angibt. Fior ist in dieser Welt von höchster Bedeutung, denn er verkündet den neuesten Modetrend, und die Realisierung der jeweiligen Mode bedeutet gesellschaftliches Ansehen. Daher empört Albertinchens Aufruf zur Nacktheit besonders, würden doch damit alle Klassenunterschiede aufgehoben. Als schnell verkommende Modenschau ziehen die Spitzen der Gesellschaft der Vorkriegszeit vorbei, schon macht sich eine neue Maskerade bemerkbar, es kommen allmählich die Requisiten der Faschisten zum Vorschein. Die Autorität der Mode ersetzt jede andere. Nachdem Graf Charme und Baron Firulet vergeblich um Albertinchen geworben haben und der Kammerdiener Josef eine große Revolution angezettelt hat, werden alle von Fior entworfenen Figuren vom "Wind der Geschichte" gespenstisch durcheinandergewirbelt. Albertinchen, die der Bekleidung entflieht, ist verschwunden. Zwei Spitzbuben bringen einen Sarg, in den alle ihre verstorbenen Hoffnungen legen, da entsteigt Albertinchen dem Sarg: nackt, in der Schönheit der unverformten Jugend. Doch das letzte Wort haben die beiden Spitzbuben, die sich als Autoren der Sargkomödie bekennen.

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