Herberth E. Herlitschka

Herberth Herlitschka (1893-1970) war einer der engagiertesten und einflussreichsten englisch-deutschen Übersetzer der späten Weimarer Republik und der Nachkriegszeit. Sein guter Instinkt und ein weitreichendes Netzwerk in der Welt der internationalen Literaturszene ermöglichten ihm die Übertragung einiger der berühmtesten Schriftsteller der englischsprachigen Moderne.

Herberth Herlitschka (1893-1970) war einer der engagiertesten und einflussreichsten englisch-deutschen Übersetzer der späten Weimarer Republik und der Nachkriegszeit. Sein guter Instinkt und ein weitreichendes Netzwerk in der Welt der internationalen Literaturszene ermöglichten ihm die Übertragung einiger der berühmtesten Schriftsteller der englischsprachigen Moderne.

Theater

Thornton Wilder

Königinnen von Frankreich

Deutsch von Herberth E. Herlitschka
4 D, 2 H, 1 Dek

Im Jahre 1869 begibt sich ein Advokat in New Orleans auf die Suche nach den legitimen Nachfahren des verschollenen französischen Thronfolgers. Und er ist ausgesprochen erfolgreich bei seiner Suche. Aktuell kann er gleich vier Königinnen von Frankreich anbieten. Neu auf seiner Liste ist Mlle Cressaux, der er eröffnet, dass sie und ihre Kinder als einzige Nachkommen des Thronfolgers in Betracht kämen und die Augen der ganzen Welt auf sie gerichtet sein würden - sobald der Advokat das eine kleine Dokument, das noch fehlt, gefunden hat. Mlle Cressaux, Tochter eines armen Matrosen, ist nicht nur bass erstaunt, sondern auch kokett-erschrocken ob dieser Neuigkeit. Aber schließlich willigt sie ein, die Honoratioren zu empfangen Nur den Abgesandten der Kirche möchte sie nicht sehen, erfolgreiche Kurtisane, die sie ist.
In welch harte Konkurrenz sie sich durch die einträglichen Machenschaften des Advokaten begibt, ahnt Mlle Cressaux allerdings nicht. Auch die resolute Mme Peugeot erhebt den Anspruch auf den französischen Thron. Der Advokat hat für sie fast alle nötigen Beweise besorgt, rät ihr aber dazu, mit der Bekanntgabe ihrer wirklichen Identität noch zu warten. Statt dessen bittet er sie um Geld, angeblich, damit das Taufkleid des Königshauses erhalten werden kann.
Mlle Pointevin wiederum zieht sich schließlich aus dem Luftschloss zurück. Lieber möchte sie weiterhin Lehrerin sein, statt noch länger darauf zu warten, als "Henriette, Königin von Frankreich", anerkannt zu werden.
Als Vierte begrüßt der Advokat eine uralte Dame mit "Königliche Hoheit". Ist sie auch nur ein Opfer seiner Erfindungsgabe? Oder hat sie als einzige tatsächlich 'blaues Blut' und ist seine Komplizin?

Thornton Wilder

Liebe - und wie man sie heilt

Deutsch von Herberth E. Herlitschka
2 D, 2 H, 1 Dek

Ein heiteres Lehrstück für die Ungleichzeitigkeit der Liebe: Die alternde Soubrette Rowena und ihre Nichte Linda, eine junge Tänzerin, warten auf den Beginn der Probe. Womöglich wurde sie abgesagt, aber weil man es nicht genau weiß und weil es der erste Probentag im Neuengagement ist, harren die beiden Frauen auf der leeren Bühne aus. Zusammen mit dem Komiker Joey richten sie sich kurzerhand häuslich ein, braten Heringe und beratschlagen, wie Linda den in sie verliebten Studenten loswerden kann. Arthur, eben dieser Student, ist fanatisch in seiner Liebe zu Linda, und sie fühlt sich von ihm bedroht - wohl nicht ganz zu Unrecht, denn Arthur hat geäußert, man müsse ihre "seelenlose Schönheit" erschießen. Joey nimmt ihre Angst ernst, zu oft hat er schon in der Zeitung von Liebesgeschichten gelesen, die tödlich enden, weil einer der Partner endlich einmal beachtet werden möchte. Er verknüpft den Bericht darüber mit den Erinnerungen an seine verstorbene Frau, die er selbst lange Zeit nicht beachtet hat und die sich darob tief gegrämt hat.
Arthur kommt - und tatsächlich ist er bewaffnet. Aber nicht Linda wollte er erschießen, sondern sich selbst - vor ihren Augen, um ihr das ganze Ausmaß ihrer Zurückweisung vorzuführen. Er lässt es, nachdem er Joeys Geschichte gehört hat, und geht. Der Kreis schließt sich: Linda, die Arthur mit herablassender Arroganz behandelt hat, offenbart, dass sie in einen Mann verliebt ist, der wiederum sie nicht beachtet...

Thornton Wilder

Schlafwagen Pegasus

Deutsch von Herberth E. Herlitschka
9 D, 12 H, 1 Dek

Thornton Wilder, der Meister des epischen Theaters Nordamerikas und Erschaffer eines modernen christlichen Welttheaters, zeichnet in nur einem Akt das Bild des menschlichen Daseins, dessen zwei Zentrifugalkräfte nicht mehr und nicht weniger sind als: Leben und Sterben. Der Zwischenraum muss gefüllt werden, aber leicht ist das für den Menschen nicht.
Ein Spielleiter markiert einen Schlafwagen und teilt den Schauspielern die Rollen zu: einer ist der Schaffner, ein anderer ein Geschäftsmann, zwei spielen ein Ehepaar, eine ist die Geistesgestörte. Dort, wo jemand fehlt, springt der Spielleiter selbst ein. Die Gedanken und Gespräche der Figuren werden laut. Eine kleine Sinfonie menschlicher Befindlichkeiten entsteht, bis sich der Fokus schließlich auf die Ehefrau richtet. Sie ist es, die in dieser Nacht im Schlafwagen einem Herzversagen erliegt.
Ein Oratorium hebt an: Der Spielleiter beginnt im Detail - ein Feld, ein Landstreicher, das Städtchen Parkersburg/ Ohio, ein Weichensteller -, um die Kreise immer größer zu ziehen. Die Schauspieler verkörpern die Stunden und Planeten und als solche Philosophen wie Plato oder Epiktet. Ihre Stimmen formt der Spielleiter zu einem Konzert: dem Klang der Erde. Und in diesem Klang erscheinen die Erzengel, um Harriet, die Gestorbene, zu begleiten. Sie ist noch nicht bereit, fühlt sich schuldig, weil sie nichts geleistet hat. Sie glaubt nicht an Vergebung. Die Erzengel nehmen sie dennoch mit gen Himmel, und das Spiel kehrt zur Realität zurück: Der Schlafwagen Pegasus hat sein Ziel erreicht, das Leben geht weiter.

Aufführungsarchiv

Digitales Textbuch