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Caren Jeß

DRAMA @ HOME Mikrodramen: MÄRZENBECHER IM SCHLAFZIMMER

Im Frühsommer 2020, dem ersten Jahr der Coronakrise, wurde pro Tag ein Mikrodrama von uns veröffentlicht. Alle konnten mitmachen. Wir haben uns sehr gefreut über alle, die an diesem Experiment teilgenommen haben. #dasdramaverbindet #dasdramalebt #dankanalle

Porträt von Caren Jeß © Jewgeni Roppel

Während der Ausgangssperre habe ich das Arbeitszimmer, das gleichzeitig auch
Schlafzimmer ist, umgeräumt, Möbel an andere Plätze gewuchtet, Dokumente aussortiert,
staubige Kisten geöffnet. Dabei fielen mir Briefe in die Hand, die meine Großmutter mir
schrieb. Sie haben das Wetter ins Zimmer geholt.

25.2.10 Ich bin so richtig schneemüde 25.5.12 Die Sonne scheint fast täglich, allerdings weht ein steifer Ostwind 12.5.09 Letzte Woche hatten wir hier ein kurzes, aber heftiges Schauer-Gewitter, es wurde dunkel und stürmisch, plötzlich war alles vorbei, die Sonne schien wieder und die Natur erstrahlte in frischem Grün und buntem Blütenkleid, es war wunderhübsch anzusehen 10.9.11 Das Wetter hier bei uns ist nach wie vor schlecht, Regen, Regen und nochmals Regen, die Sonne lässt sich kaum blicken 4.8.08 Sie meinte aber, die augenblickliche Witterung tauge nicht für Schokolade in der Reisetasche 26.1.09 Ich habe gerade meinen Spaziergang hinter mir, allerdings in den Fluren, mir war es draußen zu neblig und zu kalt 26.2.11 Aber die Frühlingsblumen blühen schon ganz üppig, Schneeglöckchen, Märzenbecher, Winterlinge und auch Krokusse 22.10.08 So viele Dinge sind im Schlafzimmer, die eigentlich gar nicht dort hingehören ∞.∞.∞ Für heute soll es denn auch erstmal genug sein.

Immer Deine Oma

 

© Rechte liegen bei der Autorin

Pro Tag wird ein Mikrodrama veröffentlicht. Auf unserer Website befinden sich die vollständigen Stücke zur Ansicht. Einen kleinen Vorgeschmack bieten die "Teaser" auf Instagram und Twitter. Gerne senden wir aber auch pdf-Dateien zu; einfach [email protected] anschreiben. Wir freuen uns über alle Filme, Bilder, Dokumentationen dieses dramatischen Experiments, die mit uns geteilt werden. #dasdramaverbindet #dasdramalebt #dankanalle

© Jewgeni Roppel

Caren Jeß

Caren Erdmuth Jeß, geboren 1985 in Eckernförde, studierte Deutsche Philologie und Neuere deutsche Literatur in Freiburg i.Br und Berlin. Als Dramatikerin trat sie das erste Mal 2017 in Erscheinung, als sie mit ihrem Stück Deine Mutter oder Der Schrei der Möwe den dritten Platz des Osnabrücker Dramatikerpreises belegte. 2018 gewann sie die Residency des Münchner Förderpreises für deutschsprachige Dramatik mit Bookpink. Mit der Grazer Uraufführungsinszenierung von Bookpink wurde sie 2020 für den Mülheimer Dramatikerpreis nominiert und zur Nachwuchsdramatikerin des Jahres erklärt. Im Jahr davor gewann sie außerdem den Else-Lasker-Schüler-Stückepreis für ihr Stück Der Popper und den Preis der taz-Publikumsjury des 26. open mike für Die Ballade von Schloss Blutenburg. 2023 gewann sie für das Stück Die Katze Eleonore in der Produktion des Staatsschauspiel Dresden den Mülheimer Dramatikpreis sowie den Publikumspreis der Mülheimer Theatertage. Caren Jeß lebt in Dresden.

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