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Beau Willimon

Ein außergewöhnlicher Theaterabend! Bettina Walther berichtet über TAGE DES VERRATS von Beau Willimon am Staatstheater Mainz (DSE)

Das erste Mal wieder Theater, der erste Premierenbesuch seit Monaten und dann gleich eine deutschsprachige Erstaufführung! Und zwar am Staatstheater Mainz, wo am 9. Juni mit TAGE DES VERRATS erstmals ein Stück von House of Cards-Autor Beau Willimon auf die Bühne kam. Viele erste Gründe also für große Vorfreude auf einen Ausflug ins schöne Mainz am Rhein.

Produktionsfoto Staatstheater Mainz © Andreas Etter

Ungewohnt früh um 18 Uhr beginnt die Vorstellung und viel weniger Leute als sonst warten in der Nachmittagssonne vor dem Theater auf Einlass. Die Karten müssen unter Einhaltung aller Hygieneregeln an der Kasse im ‚Großen Haus‘ abgeholt werden, erst dann dürfen wir mit Maske ins ‚Kleine Haus‘, und dort mit viel Abstand zueinander in schönster Wohnzimmeratmosphäre auf Sofas und Bänken Platz nehmen. Alles ist also anders, aber als die Vorstellung beginnt, ist das schnell vergessen.

Das liegt auch daran, dass TAGE DES VERRATS ein packender Politthriller ist, in dem es um Korruption, Intrigen und mehr oder weniger hässliche Affären im amerikanischen Wahlkampf geht. Stephen Bellamy, ehrgeiziger Pressesprecher eines Präsidentschaftskandidaten, hat eigentlich alles, was es für eine erfolgreiche Karriere braucht: die wichtigen Kontakte zur Presse, ein gutes Team und den richtigen Biss. Da kann auch ein harmloser One-Night-Stand mit der gut informierten Praktikantin Molly nicht schaden. Doch dann macht Stephen einen kleinen Fehler und gerät damit zwischen die Fronten des demokratischen Vorwahlkampfes, geführt von zwei mit allen Wassern gewaschenen Wahlkampfmanagern…. TAGE DES VERRATS gewann 2005 den Dayton-Playhouse-Future-Fest-Preis und wurde 2011 von und mit George Clooney unter dem Titel „The Ides of March“ verfilmt. Die DSE in Mainz war eigentlich für Ende April geplant, die Proben liefen längst und der Autor hatte seinen Besuch angekündigt. Stattdessen kam Corona. Doch die Mainzer fingen einfach nochmal neu an, und überarbeiteten das Inszenierungskonzept im Hinblick auf die neuen Abstandsregeln und bringen zum richtigen Zeitpunkt ein erschreckend aktuelles Stück auf die Bühne. Dementsprechend gibt es in Mainz an diesem besonderen Abend lauten und langanhaltenden Applaus für das Ensemble und die Regie von K. D. Schmidt. Und auch wir freuen uns über die gelungene Premiere und über den herzlichen Empfang in Mainz, auch wenn die Premierenparty leider ausfallen muss. In nachtkritik findet Alexander Jürgs, „dass dieses großartige Stück von Beau Willimon es nun auf eine deutsche Bühne geschafft hat, ist eigentlich grandios genug.“. Dass uns dieses Stück nun ausgerechnet zum Ende des Theaterlockdowns einen in jeder Hinsicht außergewöhnlichen Theaterabend beschert, werden wir sicher nie vergessen.

 

Beau Willimon

Beau Willimon, geboren 1977 in Virginia, ist Dramatiker, Drehbuchautor und Produzent. Er ist Creator and Co-executive Producer der Netflix Serie House of Cards, in der es um Macht und Sex, Ambition und Korruption im heutigen Washington geht. Sein Stück Farragut North war die Grundlage für den Film Ides of March, den er zusammen mit George Clooney und Grant Heslov schrieb und der ihm eine Oscar-Nominierung für das beste adaptierte Drehbuch einbrachte.

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© Andreas J Etter

Boris C. Motzki

Boris C. Motzki, geboren 1980 in Worms, studierte Theaterwissenschaft und Dt. Philologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz (Abschluss 2006). Ab 2006 arbeitete er als Regieassistent am Nationaltheater Mannheim, dort entstanden die ersten Inszenierungen. Seit 2009 war er als freischaffender Regisseur tätig, u.a. am Staatstheater Darmstadt. Seine Inszenierungen wurden immer wieder zu Festivals eingeladen (z.B. Bayerische Theatertage). Von 2014-2017 war er stellvertretender Intendant und Schauspielleiter am Landestheater Eisenach. 2016 wurde er in die Deutsche Akademie der Darstellenden Künste aufgenommen.
Seit der Spielzeit 2018/19 arbeitet er als Schauspieldramaturg am Staatstheater Mainz, aber auch weiterhin als freischaffender Regisseur, Übersetzer, Gastdozent, Autor u. a. für die FAZ und als Rezitator.

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K. D. Schmidt

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