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Theater

Daniel Mezger

Bauchlage

Lea wird dreissig. Ausgerechnet. Kein Lebensplan und kein Kind in Sicht. Will sie denn überhaupt ankommen? Mutter werden? Werden wie Mutter? Noch immer nicht recht abgenabelt, obwohl sie jetzt im Ausland lebt. Micha versucht zu beschwichtigen, bald kommen Gäste, doch davor ruft die Mutter an. Die Ärzte haben da etwas entdeckt, könnte schlimm sein. „Sie weiß auch immer, wann sie anrufen muss.“ Lea fährt zurück zur Mutter. Und bleibt. Drei Wochen später fährt Micha nach. – „Endlich lerne ich Sie einmal kennen. Doris. Nennen Sie mich einfach Doris.“ Doris ist nett, sehr nett, kümmert sich gut um ihr Kind, kümmert sich gut um den Gast, freut sich, dass jetzt wieder solche da sind, um die man sich kümmern kann. – Ist sie denn nicht selber krank?
Auch noch nach drei Monaten kann Micha Lea nicht überreden in die Stadt zurück zu kommen. Leas Konzentration auf die Beziehung zu ihrer dominanten, übergriffigen, aber auch bedürftigen Mutter macht Micha zur Randfigur. „Wir sind immer bloss das eine: Mutter und Tochter. Da sind die Aufgaben verteilt. Ungleichmässig aber gerecht.“ Lea geht es nicht so gut. Lea möchte nach Hause. Lea weiß nicht, wo das ist. Lea hat Bauchschmerzen. Seit sie hier ist, ist sie nicht mehr sie selbst, selbst ihre Tage kriegt sie nicht mehr.
DORIS: Schwanger bist du. Eine Mutter sieht das. Es ist viel zu früh.
LEA: Ich bin nicht. Nein. Nur das Rührei, das mir nicht bekommt.
Lea kommt nicht zurück. Micha kommt mit ihr nicht zurecht. Aber die Mutter ist endlich wieder Mutter und nicht bloss Frau. Frau wie die Tochter, die wieder Kind sein darf. Zurück in die Bauchlage.
Zurück in den Mutterbauch. (Daniel Mezger)

In seinem Stück Bauchlage beschreibt der junge Autor Daniel Mezger auf sehr eindringliche Weise, aber durchaus auch mit einer feinen Komik, die Ängste einer jungen Frau vor dem endgültigen Erwachsenwerden und ihr Scheitern daran im Angesicht einer unbewältigten Mutterbeziehung.

2 D, 2 H

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Theater

Daniel Mezger

Balkanmusik

1 D, 4 H

Drei Musiker reden sich den Osten herbei.
Getrieben von dieser seltsamen Sehnsucht nach Versehrtheit und nach echten Problemen, kommen sie an in ihrem Balkan. Und werden dort von einer Rebellenorganisation entführt. Der Grund: Sie sollen ihnen eine Revolutionshymne schreiben.
Die drei Musiker sind jung, politisch engagiert und erfolglos. Gerne wären sie selber Rebellen, gerne möchten sie mit ihrer Musik gegen das System ansingen, gerne hätten sie etwas zu sagen. Denn als Zeitgenossen der hiesigen westlichen Welt sind sie längst gefangen im Diskurs des Irgendwies: „Ja, man kann da irgendwie nicht mehr so einfach schwarz-weiss-malen, aber man muss doch trotzdem irgendwie dagegen sein dürfen, oder nicht?“
Ihrem „eigentlich möchten wir schon dagegen sein“- Rebellentum stehen plötzlich die echten Rebellen gegenüber. Was die wollen, wird durchgesetzt. Notfalls mit Gewalt. Das ist verlockend, aber garantiert nicht korrekt. Den Kapitalismus und die Globalisierung abschaffen, das will auch die Band, aber so greifbar und konkret hat man sich das dann doch nicht vorgestellt. Man spürt das „echte Leben“ und weiss nicht recht, was man damit soll.
Der Schlagzeuger Robert wird am meisten herausgefordert und radikalisiert. Sein Gerechtigkeitssinn, seine political correctness werden plötzlich in Frage gestellt. Er muss lernen, dafür oder dagegen zu sein. Plötzlich gibt es ganz reale Feinde, zu deren Verbündetem man sich machen oder gegen die man sich zur Wehr setzen kann. Und dann gibt es da ja auch noch die Tochter des Rebellenchefs…

Daniel Mezger

Theater

Daniel Mezger

Findlinge

2 D, 3 H

„So fangen Horrorfilme an“ – Ein kleiner Tankstellenshop irgendwo im Norden. Wintereinbruch. Mit dem letzten Bus verlassen alle das Dorf bevor die lange Nacht beginnt. Nur die Alten bleiben und trotzen dem Winter vor ihren Fernsehern. Aber jetzt will diese junge Frau plötzlich nicht in den letzten Bus einsteigen. Joana hat sich den Sommer über um den Tankstellenshop gekümmert, kennt den Ort noch von früher. Sie will nicht in die Stadt und in das Leben zurück, das sie dort geführt hat. Sie will hier bleiben, will sich selber finden. Lukas, einer der Alten, versucht sie von ihrem Plan abzubringen:
„Du bist zu jung für so eine Nacht. Die Nacht ist zu lang.“
Sie wird die Ordnung durcheinanderbringen, wird die wohlverdiente Ruhe stören. Aber sie ist nicht die einzige. Denn es gibt noch jemanden, der den letzten Bus nicht nehmen will. Ein junger Mann, der plötzlich auftaucht, den niemanden kennt und der mit niemandem spricht. Der Bus fährt ab, die lange Nacht beginnt. Der geheimnisvolle Fremde drängt sich in den Vordergrund. Joana ist hin- und hergerissen – stört er ihre selbstgewählte Einsamkeit oder ist er der Mann, mit dem sie glücklich sein könnte? Und wenn ja, wie funktioniert Glück? Die frivole alte Josephine ist entzückt von dem, was sie für eine heimliche Liebesgeschichte hält, Lukas ist eifersüchtig und macht sich Sorgen um Joana, und Markus, der Ladenbetreiber, hat seine eigene Erklärung für die Anwesenheit des Fremden, der in nervös macht. Die Dinge spitzen sich zu.

Daniel Mezger thematisiert die Suche einer jungen Frau nach sich selbst und schafft dabei auch wunderbare Rollen für drei alte Schauspieler. Ein Stück, lakonisch, dunkel, schräg und zugleich eine
Art Liebesgeschichte.

Digitales Textbuch