Theater

Tony Kushner

Slawen!

(Slavs!)

Ein kurzes Stück über ein großes Thema: Der Zerfall der Sowjetunion, das Ende aller Utopien und die russische Seele. Der Prolog spielt auf der Erde.
1 Akt: Kreml, März 1985. In der Zentrale der Macht vor der Wahl Gorbatschows. Reformer und Reaktionäre, Optimisten und Pessimisten streiten über schwache Blasen, den grauen Star, die Theorie und die Praxis, über Herz und Hirn. Eine Groteske am Rande der Verzweiflung. Am Ende geschieht eine Erleuchtung und es gibt zwei Leichen.
2. Akt: Der Wachraum eines obskuren wissenschaftlichen Instituts, am gleichen Abend. Eine junge Wärterin, ein alter Apparatschik. Er will Liebe, sie Zigaretten. Sie streiten, sie trinken Wodka, sie sind traurig. Katherinas neue Liebe - eine Frau: Bonfila - kommt dazu. Die Situation ist gereizt, der Mann geht nicht ohne Drohungen. Die beiden Frauen trinken weiter, sie beten um Wodka und die Rückkehr Lenins. Am Ende geschieht ein Wunder.
3. Akt: Talmenka, Sibirien 1992. Bonfila ist Ärztin, sie behandelt verstrahlte und mutierte Kinder. Ein Beamter aus Moskau kommt zur Inspektion. Am Ende geschieht kein Wunder.
Der Epilog spielt im Himmel.

Deutsch von Frank Heibert

7 D, 5 H, Verwandlungsdek

UA: 23.02.1994 · Actors Theatre of Louisville

DSE: 16.02.1995 · Schauspiel Hannover · Regie: K. D. Schmidt

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Theater
Tony Kushner

Engel in Amerika Teil I: Die Jahrtausendwende naht

Deutsch von Frank Heibert
3 D, 5 H, Verwandlungsdek

"Ein Schwulenpärchen driftet auseinander, weil der eine Aids hat und immer unästhetischer dahinsiecht; eine Mormonenehe zerbröckelt, weil manchmal auch ein Heiliger der letzten Tage seiner Natur gemäß lieber Männer liebt; ein omnipotenter, doch HIV-positiver Rechtswegbereiter der republikanischen Politpower sackt ab, weil selbst seine staatstragende Korruption letztlich auf physischer Gesundheit gründet. So weit die Handlung, drei grobfaserige, ziemlich beliebige Fäden, die dann allerdings kunstvoll zu einem faszinierenden Zeitbild verwoben werden. Homosexualität und Aids sind einerseits souverän thematisiert, andererseits wird der tragische Grundton immer wieder, dramaturgisch präzis und sprachlich brillant, von blitzendem Witz und berfreiender Ironie gebrochen.
Tony Kushner schildert das Spezielle und trifft das Allgemeine. Seine "Schwulen Variationen über gesellschaftliche Themen" (Untertitel) sind die Momentaufnahmen einer uralten Welt, die - wieder einmal - auf einen Nullpunkt zuschlingert. Die Köpfe und Körper der Menschen sind verseucht. Der Staat: bankrott. Die Religion: bankrott. Die Natur: bankrott. Was bleibt, ist hie und da eine lächerliche Liebe, da und dort ein Häufchen Heuchelei , viel reflexartiger Rassismus, vielerlei fanatisch-religiöse Surrogate und vor allem eine respektable Restmenge Selbsterhaltungstrieb, der die meisten weitermachen lässt, in der Regel unter dem Banner des ökonomischen Positivismus: Good Morning, America! Wir schreiben die Blütezeit Ronald Reagans. Es geht uns gut, und wem´s nicht gut geht, der ist aller Scheinheiligkeit nach selber schuld." (Neue Zürcher Zeitung über die Deutschsprachige Erstaufführung am Theater am Neumarkt, Zürich)

Theater
Tony Kushner

Ratgeber für den intelligenten Homosexuellen zu Kapitalismus und Sozialismus mit Schlüssel zur Heiligen Schrift

Deutsch von Frank Heibert
5 D, 6 H

Der Titel des Stücks ist inspiriert von George Bernard Shaws Wegweiser für die intelligente Frau zum Sozialismus und Kapitalismus und Mary Baker Eddys Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Anknüpfend an diese Werke des 19. Jahrhunderts schaut das Stück auf das Leben des pensionierten Hafenarbeiters Gus Marcantonio, der vom 21. Jahrhundert verwirrt und niedergeschlagen ist. Es geht um ein zentrales Thema unserer Zeit: Haben Arbeiter ein Recht darauf, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ist dies gut für die Gesellschaft? Im Sommer 2007 lädt Gus seine Schwester und seine drei Kinder (die ihre Ehepartner, Ex­Ehepartner, Geliebten und andere mitbringen) nach Brooklyn in sein Haus zu einer höchst unüblichen Familienvereinigung ein. Sie sollen darüber abstimmen, ob er Selbstmord begehen soll. Die Familie ist aufgebracht und es kommt zur familiären Abrechnung. Bisher unausgetragene und schwelende Konflikte werden nun offen ausgetragen. Mit Humor und Leidenschaft verhandelt das Stück die Bedeutung von Verbundenheit und Zugehörigkeit – zu einer Familie, einer Gemeinde, einer Gruppe, einer Ideologie, einer Ehe – und was passiert, wenn diese Beziehungen fehlen. In diesem Familiendrama kollidieren aufgebrachte Emotionen mit jahrzehntelangen unausgesprochenen Ressentiments. iHo ist ein Stück über Gewerkschaften, über Kommunismus, Marxismus und Sozialismus. Und es handelt von Verzweiflung, Tod und Sex. Was ist ein Menschenleben wert im Kapitalismus? (Ankündigung des Nationaltheaters Mannheim)

Theater
Tony Kushner

Die Illusion

Deutsch von Frank Heibert
2 D, 6 H, Verwandlungsdek

"In seiner Komödie L'illusion comique (1636) feiert Pierre Corneille das Theater als magische Illusionsmaschine. Pridamant sucht den Zauberer Alcandre in dessen Höhle auf, um sich von diesen Szenen aus dem Leben seines Sohnes Clindor, der sich seit Jahren nicht mehr zu Hause gemeldet hat, vorspiegeln zu lassen. Gespannt sieht der Vater dabei zu, wie sich der Sohn verliebt, wie er in Gefangenschaft gerät und die Flucht ergreift; entsetzt muss er mitansehen, wie Clindor schließlich erdolcht wird. Schlusspointe: Clindor ist Schauspieler, sein Tod war nur ein Bühnentod. Das vom Autor selbst etwas verschämt als "extravagante Bagatelle" bezeichnete und in Vergessenheit geratene Stück wurde in den letzten Jahren auch im deutschen Sprachraum wieder gerne gespielt. Ein französischer Klassiker im Hort der Gegenwartsdramatik? Nicht ganz: Gespielt wird hier nicht Corneille, sondern Tony Kushner. In seiner Nachdichtung hat der amerikanische Dramatiker vieles gerafft und manches hinzugefügt; das Gerüst und der Kern des Stückes aber bleiben unangetastet. Mehr noch: War L'illusion comique eine Hommage an das Theater, dann ist Die Illusion auch eine Hommage an L'illusion comique. Die Adaption liest sich wie eine sorgfältige, exquisit ausgestattete Neu-Edition eines kostbaren alten Textes. Kushner lässt sich - worin der besondere Charme seines Stücks besteht - vom alten Meister zu postischen Passagen inspirieren, wie man sie heute eigentlich nicht mehr schreiben würde, er poliert Corneille auf Hochglanz und erlaubt sich - bei allem Respekt - hier und da ein paar Änderungen." (Theater heute)

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