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Theater

Markus Bauer

verachtung

Volker arbeitet für die Kunst, Ina arbeitet, um Geld zu verdienen. Aber es reicht nicht zum Unterhalt des geerbten Elternhauses. Doch dann glaubt Ina, von ihrem stark dementen Vater ein deutliches NEIN vernommen zu haben. Das kann sich nur auf den Verkauf beziehen. Glaubt sie. Behauptet sie. Will sie. Sie will bleiben. Schon allein wegen der Tochter Laura. Volker nicht. Doch was hat der schon zu melden? Fabriziert Kunst, die keinen interessiert. Gibt Geld aus, das er nicht verdient. Vertritt Ansichten, die Ina nicht hören will. Inas Schwester schon eher. Die will auch Volkers Kunst kaufen. Und das Haus auch. Und den Volker, den nimmt sie auch noch. Geld hat sie ja genug. Und von allem anderen hatte Ina ja eh schon immer im Überfluss.

So wie der süßlich schwere Duft von Trésor, dem Parfum der verstorbenen Mutter, unerklärlich an allen Figuren haftet, so kleben Neid und Verachtung an ihnen. Und genau so wie das Parfüm von einem an den anderen weitergegeben wird, so verbreitet sich die Missgunst schleichend und unaufhaltsam in den Menschen und in dem Haus ihrer Kindheit, welches zu einem Symbol für Sieg oder Niederlage geworden ist.

2 D, 1 H

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Markus Bauer

stehende gewässer

3 D, 2 H

Johann und Inge Wiesheu haben eine alte Villa am See geerbt. Aus finanziellen Gründen bleibt der im Werden begriffenen Familie nichts anderes übrig als ein Gästehaus daraus zu machen. Das entwickelt sich nach und nach zu einem unfreiwilligen Lebenswerk, welches seine Bewohner in Dienstleistungshörigkeit und andauernde Fremdbestimmung zwingt. Doch Johanns Wille ist eisern, daran kann auch der wachsende Unmut seiner Frau nichts ändern. So vergehen die Jahre, die Kinder wachsen, die Liebe verschwindet. Irgendwann verirrt sich Tochter Cora im Drogenrausch, sucht Vater Johann sein Glück in fremden Betten. Mutter Inge flieht in Zynismus und Depression und Sohn Martin in die Großstadt. Sich von der Familie zu lösen gelingt keinem von ihnen.

"verlier dein herz nicht an dinge johnny lass es bei den menschen" lautet der Untertitel. Wie schwer es aber fällt, einer so simplen Maxime zu folgen, davon schreibt dieser bemerkenswerte neue Autor. In Rückblenden und Vorblenden entsteht die komplexe Verschachtelung einer traurigen und zugleich kraftvollen Familiengeschichte, die den verwinkelten Zimmern und Ecken des Hauses am See gleicht. Mit poetischer Kraft taucht Markus Bauer tief in die vermeintlichen Ursachen dieser Stagnation und schafft es, die berührende Tragik in Alltagsdetails bloßzulegen. Sensibel und humorvoll untersucht er den unerschütterlichen Irrglauben des Menschen, der besagt, dass die wirklich wichtigen Dinge des Lebens immer auch am nächsten Tag noch geregelt werden können.

Das Stück wurde von der Jury des Jugendtheaterpreises Baden-Württemberg 2008 ausgezeichnet.

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Markus Bauer

Bungalow

3 D, 2 H

Roger und Sylvia sind verheiratet. Schon so lange, dass der Sohn fast volljährig und das Haus gediegen luxuriös ist. Immer noch Liebe? Vielleicht eher die Macht der Gewohnheit. Man arrangiert sich im Nebeneinander. Und vermeidet das Miteinander. Aus gutem Grund, wie Markus Bauer in seinem neuen Stück Bungalow anschaulich verdeutlicht.

Als Sylvia in ihrem Wohnzimmer einen Haufen frisch entbundener Hundebabys findet, bittet sie Roger, diese zu beseitigen. Sofort! Noch heute Nacht soll er die verrückte Nachbarin – die für Sylvia zweifelsohne dahintersteckt – dazu zwingen, diese Hunde zu entfernen. Doch Roger will nach einigem Zögern nicht so wie sie. Er muss noch arbeiten und hat keine Zeit, nicht für sie, nicht für die Alte, nicht für die Hunde und auch nicht für den Sohn, der gefällt ihm mittlerweile sowieso überhaupt nicht mehr. Da könnte Sylvia sich auch mal besser kümmern. Sagt Roger. Sylvias Nackenhaare sträuben sich. Im Wohnzimmer die blutigen Hundewelpen, im Kinderzimmer der verschlossen Pubertierende und vor ihr der Versager. Sie schnappt zurück. Die Erfahrung ihres gemeinsamen Lebens bewährt sich zumindest in der zielsicheren Platzierung von Beleidigungen.

In dem verbalen Gemetzel dieser einstmals Liebenden lässt Markus Bauer jugendliche Gewalttäter zu Wort kommen, die für ihre Verachtung keine Worte mehr finden und sich einzig von der Tat eine kurzfristige Erlösung erhoffen. Diese fragwürdige Erlösung bleibt Roger und Silvia vorenthalten. Zu fest sind sie in ihren Schein verwurzelt. Was muss das muss. Jeden Morgen aufs Neue. Und oben im Zimmer, da sitzt einer, der schweigt und mauert und bekommt alles ganz genau mit. Soviel ist sicher.

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