Christine Brückner & die ungehaltenen Frauen
Sind wir nicht alle Millfeuilles?
Kennen Sie das französische Gebäck Millefeuille? Übersetzt heißt es Tausendblatt und besteht aus vielen Lagen, die hauchdünn aus Blätterteig geschichtet und je nach Gusto mit Pudding, Marmelade oder Sahne verdichtet, schließlich mit Zuckerguss bezogen werden. Es schmeckt nicht nur köstlich, sondern bekommt im Zusammenhang mit „Ich bin VIELE!“ eine völlig neue Bedeutung. Millefeuille könnte auch eine Beschreibung für die Beschaffenheit des Menschen sein. Wie das Gebäck besteht auch er aus vielen tausend Schichten, die sich aus Erfahrungen und Prägungen speisen. Wie leicht müsste es da doch sein, zarte Gemeinsamkeiten zu entdecken? Und wieviel schöner noch, als schnelle Vorurteile zu bestätigen? Nichts sollte uns davon abhalten, dem verlockenden Millefeuille im Kopf als süßem Vorbild zu folgen und bei jeder neuen Begegnung zu fragen: Wo sind eigentlich die Schnittmengen unserer Schichten? „Ich bin VIELE!“ wäre nicht mehr nur Fakt, sondern auch fröhliche Drohung, der emotionalen Verrohung einfach und offenherzig unsere Vielschichtigkeit entgegenzusetzen.
Für das Cover unseres Buchs hat die Künstlerin Antonia Milzner den Titel zum Symbol gemacht. „Ich bin VIELE!“ könnte eine Flamme sein, eine Vulva, ein Hinterkopf, ein Muskelstrang oder einfach nur ein wunderbar wucherndes Geflecht. Die Vielschichtigkeit jeder Einzelnen, aber auch die empowernde Wirkung jeder einzelnen Rede wurden hier beeindruckend verschmolzen. Eins ist gewiss: „Ich bin VIELE!“ meint uns alle.
(aus dem Vorwort von “Ich bin VIELE! Neue ungehaltene Reden ungehaltener Frauen”)