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Christine Brückner

Das ICH! erwacht hundertfach: Einreichungsrekord bei Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen

Das Projekt UNGEHALTENE REDEN UNGEHALTENER FRAUEN feiert sein fünfjähriges Jubiläum und hat mit einer Rekordzahl von 213 Einreichungen eine überwältigende Resonanz erfahren. Darüber freuen wir uns riesig! Am 10. Dezember 2025 werden im Kasseler Rathaus erneut sechs Ungehaltene das Wort ergreifen.

Collage von sechs Frauenporträts in verschiedenen Farbtönen, darunter eine Frau mit langen blonden Haaren, eine Frau mit Sonnenbrille im Bett, eine lächelnde Frau vor einem Fenster, eine Frau in einem Wald, eine Frau in einem Business-Anzug und eine ältere Frau mit Brille. Darunter steht in Großbuchstaben © Stiftung Brückner-Kühner

Die Bandbreite ihrer Reden zeigt, wie der alltägliche Raum – sei es das Wartezimmer einer Arztpraxis oder der Fahrersitz eines Autos – zur Arena des Widerstands wird. Ob analysierend, poetisch oder humorvoll – all diese Stimmen entfalten eine gemeinsame Kraft: Sie sensibilisieren für die Vielschichtigkeit weiblicher Erfahrungswelten. So fordert Barbara Peveling in Kassel ihr Recht auf reproduktive Selbstbestimmung. Christine Sterly-Paulsen thematisiert ihre Stigmatisierung als alleinerziehende Mutter, während Alice Rugai die kräftezehrende Suche nach der eigenen Identität beschreibt. Jana Petersen rückt die systemische Vernachlässigung von ME/CFS-Erkrankten in den Fokus. Eter Hachmann plädiert dafür, soziale Kompetenzen und Ehrenämter ähnlich hoch zu gewichten wie Auslandserfahrungen und Mechthild von Lutzau entdeckt das Autofahren als ideales Trainingsfeld für mehr Gerechtigkeit.

Doch damit noch lange nicht genug. Das Ungehalten-Projekt zieht immer weitere Kreise.

Fotoausstellung zum Jubiläum
Die Kasseler Fotografin Anja Köhne hat sich auf die Reise gemacht, um ungehaltene Rednerinnen der vergangenen Jahre zu porträtieren. Knapp eine Woche vor der Veranstaltung im Rathaus, am Donnerstag, 4. Dezember 2025, wird in der Kubatur im Kulturbahnhof Kassel die Ausstellung „DIE UNGEHALTENEN Frauen, die das Wort ergreifen“ eröffnet. Die Werke sind bis zum 4. Januar 2026 zu sehen.

Ungehaltene Reden an der Universität Tübingen
Im WS 2025/26 wurden die Ungehaltenen Reden in den Lehrplan der Universität Tübingen aufgenommen. „Ausgangspunkt dieses Seminars ist die Sammlung „Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen“, in der Frauen in ganz unterschiedlichen Lebenssituationen die Worte finden, die ihnen lange verwehrt waren – unbequem, eindringlich, kraftvoll. Wir lesen ausgewählte Reden, analysieren ihre Sprache und gesellschaftliche Bedeutung – und nehmen sie zum Anlass, eigene Stimmen zu suchen und hörbar zu machen.” (Universität Tübingen)

hr2-kultur
Die sechs Kasseler Reden werden wie bereits in den Vorjahren im Januar von hr2-kultur übertragen.

Ungehalten-Anthologie 2026
24 der 213 Reden werden am 25. Februar 2026 als FISCHER Taschenbuch erscheinen: ICH! Neue ungehaltene Reden ungehaltener Frauen. Die große Buchpremiere findet am 8. März 2026 im Frankfurter Museum für Kommunikation statt. 
Seit 2022 sind bereits vier Anthologien im S. Fischer Verlag erschienen: 


Immer stärker wird spürbar, dass die Ungehaltenen Reden prall und üppig in die Welt wuchern. Deshalb laden wir sehr, sehr herzlich dazu ein, den Ungehaltenen zu folgen. Sei es live im Kasseler Rathaus am 10. Dezember 2025 um 17 Uhr oder im Livestream, bei einem Besuch der Ausstellung „Die Ungehaltenen” von Anja Köhne in Kassel, beim Hören der Reden auf hr2-Kultur oder beim Lesen einer oder am besten gleich aller Anthologien. Auf www.ungehalten.net stehen zudem über 400 weitere Reden im Videoarchiv bereit. 

Vielleicht regt sich auch die Lust, im nächsten Jahr einfach selbst eine Rede einzureichen. Das würde uns wahnsinnig freuen. Weil es davon einfach gar nicht genug geben kann!

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© Stiftung Brückner-Kühner
© Elvira Zickendraht

Christine Brückner

Christine Brückner wurde 1921 als Pfarrerstochter geboren. Sie studierte Germanistik, Psychologie und Kunstgeschichte, während sie ihren Lebensunterhalt als Köchin, Kantinenleiterin, Buchhalterin und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kunstinstitut Marburg verdiente. Im Alter von zweiunddreißig Jahren veröffentlichte Christine Brückner ihren ersten Roman: Ehe die Spuren verwehen.

Im Jahr 1983 brachte Christine Brückner bei Hoffmann & Campe das Buch Wenn du geredet hättest, Desdemona. Ungehaltene Reden ungehaltener Frauen heraus. Es handelt sich dabei um zunächst 11, in der Ullstein-Taschenbuch-Ausgabe dann 14 Monologe, die die Autorin Frauen aus Geschichte und Literatur in den Mund gelegt hat: von Klytämnestra und Sappho über Katharina von Bora, Desdemona und Effi Briest bis zu Eva Braun, Gudrun Ensslin und einer Ungeborenen.

„Christine Brückner setzt das jahrhundertelang übliche Bezugsverhältnis zwischen Männern und Frauen voraus, um es danach in seiner Absurdität sichtbar zu machen. Und wie das geschieht – mit wieviel Schalksinn, Einfallsreichtum und amüsantem Umkehren aller Verhältnisse!“, so Walter Jens in seiner Rezension des Buches.

Gedacht waren die Texte auch als Theatermonologe. Sie wurden nicht nur als Lektüre, sondern auch auf der Bühne ein großer Publikumserfolg. Das Buch verkaufte sich im oberen sechsstelligen Bereich, und in den 1980er Jahren war Christine Brückner mit diesen Texten an Theatern auch eine der meistgespielten deutschsprachigen Autorinnen. Bis heute wird das Buch häufig erworben und werden die Monologe vielfach gespielt.

Zu ihren Lebzeiten (1921-1996) gehörte die Schriftstellerin Christine Brückner zu den meist gelesenen Autorinnen Deutschlands. Ihr umfangreiches Werk umfasst Romane, Erzählungen, Aufzeichnungen, Hörspiele und Theaterstücke. 1984 stiftete sie mit ihrem Mann, dem Schriftsteller Otto Heinrich Kühner den „Kasseler Literaturpreis für grotesken Humor“ und gründete die Stiftung Brückner-Kühner. Sie wurde vielfach ausgezeichnet und ist Ehrenbürgerin der Stadt Kassel.

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