Theater

Bruce Norris

Die Unerhörten

(The Unmentionables)

In einem afrikanischer Staat lebt eine kleine Gruppe Ausländer mit äußerst verschiedenen Anliegen: Der junge, ambitionierte Pfarrer Dave, dessen Missionsstation von einem Feuer niedergebrannt wurde. Seine Verlobte Jane, eine ehemalige Soap-Schauspielerin mit sozialen Ambitionen. Außerdem Großunternehmer Don, auf dessen gewaltigem Landsitz Dave und die erkrankte Jane Zuflucht suchen müssen.
Jane findet für Daves Geschmack etwas zu großen Gefallen an der luxuriösen Ausstattung des Landsitzes. Der Pfarrer lässt sich nicht blenden und will möglichst schnell die Schule wieder aufbauen, um Widerstand gegen die kapitalistische Ausbeutung des Landes - in Form von Menschen wie Don - leisten zu können. Don aber sieht sich als Förderer einer jungen und aufstrebenden Nation. Seine guten Beziehungen zur Landesregierung um die nicht unbedingt frei gewählte Präsidentin setzen ihn vermeintlich ins Recht.

Alle Figuren eint die Überzeugung mit ihrem Handeln zur Besserung der Welt und der örtlichen Verhältnisse beizutragen. Im Verlauf dieser alkoholschweren und stürmischen Nacht eskalieren die gegenseitigen Anfeindungen. Es offenbart sich zunehmend, dass jeder es vor allem auf seinen eigenen Vorteil abgesehen hat. Als einer von ihnen verschwindet, werden ihre moralischen Überzeugungen auf eine harte Probe gestellt. Und es stellt sich die Frage, wo Rassismus eigentlich anfängt?

Deutsch von Martin Michael Driessen

3 D, 6 H

UA: 29.6.2006 · Steppenwolf Theatre, Chicago · Regie: Anna D. Shapiro

DSE: 10.02.2012 · Staatstheater Mainz · Regie: Matthias Fontheim

Aufführungsarchiv

10
Februar 2012
Bruce Norris

Die Unerhörten

Theater
DSE
Regie Matthias Fontheim

Weitere Stücke

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Theater
Bruce Norris

Reiz und Schmerz

Deutsch von Barbara Christ
3 D, 3 H, 1 Kind

Zu Beginn des Stückes sitzt ein Mann, Hadid, leise um den Verlust seiner Frau weinend vor einem jungen Paar in dessen teurem, ultramodernem Haus. Die beiden sind so demonstrativ verständnisvoll zu dem Fremden, wie es ihr Selbstverständnis als liberale Bush-Gegner ihnen abverlangt. Warum Hadid bei ihnen sitzt, wird man allerdings erst am Ende des Stückes erfahren.
Zunächst macht die Handlung einen Zeitsprung und es ist Thanksgiving. Zu Clay, dem Hausmann und Vollzeit-Vater zweier Kinder, und seiner Frau Kelly, einer Anwältin in Spitzenposition, gesellen sich zur Feier des Tages Clays schon leicht altersverwirrte Mutter, die sich vor allem im Absondern von Klischees hervortut, sein Bruder Cash, erfolgreicher Schönheitschirurg, und dessen blutjunge, durchgeknallte osteuropäische Freundin Kalina. Schon bald wird deutlich, dass die Konkurrenz zwischen den Brüdern für Spannungen sorgt und dass es um die Ehe von Clay und Kelly nicht besser bestellt ist.
So hat das Familienfest beste Voraussetzungen, zu einer Familienschlacht zu werden. Mysteriöse und beunruhigende Vorgänge wie die Frage danach, welche geheimnisvolle Kreatur die Avocados in der Küche angebissen hat und woher die kleine Kayla den Hautausschlag im Genitalbereich hat, über den ihr Vater keinesfalls mit seiner Frau sprechen möchte, lassen den Abend völlig aus dem Ruder laufen und alle Beteiligten ihre vermeintlich liberalen Einstellungen über Bord werfen…
The Pain and the Itch erlebte seine Uraufführung 2005 am Steppenwolf Theatre in Chicago. Der New Yorker Premiere 2006 folgte die Londoner Premiere am Royal Court Theatre 2007.

Theater
Bruce Norris

Clybourne Park

Deutsch von Barbara Christ
3 D, 4 H

406 Clybourne Street lautet die Adresse des schmucken Einfamilienhauses in einem gutbürgerlichen Vorort. In Bruce Norris’ tiefschwarzer Komödie wird es zum Auslöser erbitterter Nachbarschaftsstreitigkeiten.
1959: Ein weißes Ehepaar will nach dem tragischen Tod des Sohnes dem Familienheim und der alten Umgebung endgültig den Rücken kehren. Dass sie ihr Haus – zudem noch viel zu billig! – an eine farbige Familie verkauft haben, missfällt nicht nur den örtlichen Rotariern. Der soziale Niedergang der Gegend scheint vorprogrammiert. Hinter wohlformulierten Argumenten gegen den Verfall der Grundstückspreise und für den Erhalt des nachbarschaftlichen Gefüges lauert blanke Angst und kaum verschleierter Rassismus.
2009: dasselbe Haus. Die inzwischen gut durchmischte Gegend ist auf bestem Wege wieder zu einem „angesagten“ Viertel zu werden. Längst hat an der Ecke ein Bioladen eröffnet, und natürlich gibt es ein örtliches Komitee, das sich für eine „behutsame Renovierung der historischen Bausubstanz“ einsetzt. Als die Nachfahren der einstigen farbigen Besitzer das Haus an ein neureiches weißes Paar verkaufen, führen deren radikale Umbaupläne erneut zu heftigen Auseinandersetzungen.
Nach dem fulminanten Erfolg von Reiz und Schmerz, seiner bitterbösen Analyse bürgerlich-westlicher Doppelmoral, legt der amerikanische Schauspieler und Dramatiker Bruce Norris in Clybourne Park den Finger wiederum exakt in die Wunde unserer vermeintlich so aufgeklärten und multikulturellen Gesellschaft. Hat sich in den vergangenen 50 Jahren wirklich etwas an unseren inneren Haltungen verändert? (Ankündigung des Staatstheaters Mainz)

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