Theater

Fjodor M. Dostojewskij

Erniedrigte und Beleidigte

Die Figuren in Dostojewskis Roman Erniedrigte und Beleidigte weben ein Gespinst von Beschämungen und Demütigungen zwischen sich, das die gesamte Klaviatur sozialer Deklassierung umfasst.
Der erfolglose Schriftsteller Wanja leidet an der unerfüllten Liebe zu Natascha, die sich ihrerseits in eine unglückliche Beziehung zum charakterlosen Jüngling Aljoscha stürzt. Das wiederum ruft dessen skrupellosen Vater auf den Plan, ein Netz von Intrigen zu spinnen.
In der Dramatisierung des Romans, die für die Volksbühne am Rosa-Luxemburg Platz in Berlin entstanden ist, treibt Jens Roselt das kolportagehafte Spiel auf die dialogisch pointierte Spitze. Jeder fixiert jeden. Man belauert sich und steht mit all seinem Unglück bloß vor den Anderen. Die Figuren richten sich in ihrem Leid ein, durchschauen die eigene Situation und finden doch keinen Ausweg. Eine Gesellschaft von Versagern wird vorgeführt, deren Mitglieder in ihrem alltäglichen Umgang jene Normen reproduzieren, die sie erst zu Versagern machen. Wer hier seine Gefühle ausdrücken will, riskiert, sich selbst öffentlich anzuprangern. Diese soziale Härte wird in der Sprache erfahrbar, mit der die Menschen versuchen, sich näher zu kommen. Entstanden ist so eine kantige Spielvorlage, die Schroffheit und Poesie unversöhnt nebeneinander stellt.

4 D, 7 H, Verwandlungsdek

UA: 2001 · Wiener Festwochen / Volksbühne am Rosa- Luxemburg-Platz, Berlin · Regie: Frank Castorf

Aufführungsarchiv

15
September 2021
Fjodor M. Dostojewskij

Erniedrigte und Beleidigte

Theater

Regie Sascha Hawemann

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Theater

Fjodor M. Dostojewskij

Verbrechen und Strafe

Deutsch von Swetlana Geier
5 D, 6 H

Mit Verbrechen und Strafe ist jetzt einer der größten psychologischen Romane der Weltliteratur im handlichen Taschenformat erhältlich. Seit seinem Erscheinen 1866 ist die Suggestion, mit der Dostojewskij die Entwicklung zum Mörder schildert, der Sog, der zur blutigen Tat führt, unerreicht. Psychologische Einsicht und philosophische Erörterung verschmelzen zu einem metaphysischen Thriller, wie er in der Weltliteratur einzigartig geblieben ist.
Nicht »besser als eine Laus« erscheint dem Studenten Raskolnikow eine alte Wucherin, weshalb er glaubt, sie töten und ausrauben zu können. Sein Herz wehrt sich ebenso wie sein Unterbewusstsein gegen die geplante Tat, doch von sozialer Not gedrängt und gefangen in lebensfeindlichen Ideen, wird er zum Mörder. Nach dem Mord jedoch erkennt er, dass kalter Verstand und Nützlichkeitsdenken nicht alles im Leben sind. Das Delirium und die grenzenlose Einsamkeit, die dem Verbrechen folgen, lassen ihn erkennen, dass der Weg aus der Vereinsamung nur über Geständnis und Strafe führen kann. Auch wenn die »Reue« ihm eher fremd ist, die Liebe errettet ihn schließlich.
Mit seiner psychologisch beeindruckenden Darstellung eines Mörders hat Fjodor Dostojewskij einen Charakter beschrieben, der in seiner Orientierungslosigkeit symptomatisch für die moderne Gesellschaft ist. Bei aller Zeitkritik aber überwiegt am Ende die Hoffnung, dass es noch andere Kräfte in der Welt gibt als das Böse.

Digitales Textbuch