DSE Frei
Theater

Jean-Paul Maes

Wir sehen uns doch nur einmal im Jahr hier im April.

(Mir gesinn eis jo nëmmen all Joer eng Kéier hei am Abrëll)

Zum fünften Mal kommen sie an diesen See, die Schwestern Martha und Anny. Zum fünften Mal hegt Martha die Hoffnung, dass der hier ertrunkene Sohn wieder lebendig auftaucht. Zum fünften Mal wartet sie vergeblich. Nicht der Tote erhebt sich aus dem trüben Gewässer, dafür aber die unliebsamen Erinnerungen der beiden Alten. Aus dem Trauergang wird eine Abrechnung mit der Vergangenheit. Gnadenlos beleuchten die Schwestern das Leben der anderen, offenbaren, verurteilen und verletzen sich verzweifelt. Anny, todkrank, Martha, todunglücklich. Mit Geschick nutzen sie ihr Wissen, um Illusionen zu rauben, mit Bedacht überhören sie ihre leise durchdringenden Hilferufe. Irgendwann flieht Anny die Wahrheit. Jenseits der nebeligen Wiese entdeckt sie ihren Prinzen. Die alte Frau geht, ihn zu begrüßen. Stille. Marthas Rufen, Marthas Schluchzen verschluckt der Nebel. Das Wasser platscht. Am Ufer sitzt ein alter Mann, sitzt dort und wirft Steine ins Wasser. Von Anny keine Spur.

2 D, 1 H

UA: · Escher Stadttheater · Regie: Eva Paulin

Kritiken

„Maes hat auch diesmal mit seinem Stück ein sehr dichtes, zugleich tiefenpsychologisches, mentalitätsanalytisches und gesellschaftskritisches Drama geschrieben."

„Maes hat auch diesmal mit seinem Stück ein sehr dichtes, zugleich tiefenpsychologisches, mentalitätsanalytisches und gesellschaftskritisches Drama geschrieben."

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Jean-Paul Maes

Singapur

2 H

An einem späten Sommernachmittag betritt ein verwirrter Mann ein Büro im 5. Stock - angeblich wird er verfolgt. Panisch beschwört er den einzig Anwesenden, ihm aus der prekären Lage zu helfen, ihn vor seinen Verfolgern zu retten und auf jeden Fall die Tür sofort abzuschließen.
Nun sind sie allein: Zwei Männer, Paul, der seit langem hier wohl vergessene Angestellte und sein „Geiselnehmer“, der den Grund seiner Verfolgung nicht genau erklären kann. Doch Paul zeigt sich als unkonventionelle Geisel, gibt gar vor, seit längerem auf diesen Geiselnehmer gewartet zu haben. Endlich scheint sich sein Warten zu erfüllen, jemand sucht ihn auf, gibt seinem Dasein einen Sinn. Dem panischen Gast gewährt er Einblick in sein Dasein, von dem bisher kaum jemand Notiz nahm. Ein 50jähriger Vergessener in einem riesigen Verwaltungsgebäude, der sich, wie er vorgibt, fast ausschließlich von Schokolade ernährt, einen undefinierbaren Katarrh pflegt und sporadisch nach Singapur geschickt wird. So auch am darauf folgenden Morgen.
Singapur wäre eventuell die Rettung für den Eindringling, den Paul, da dieser seine Identität nicht preisgeben will, „Alex“ nennt.
Er schlägt „Alex“ vor, ihm mit dem Messer ein Gliedmaß abzuschneiden, es zu verzehren und ihn sogar - wenn nötig - zu schlachten und zu verspeisen.
Da Paul mit Sicherheit annimmt, dass das Büro, in dem er seit Jahrzehnten sein Leben verbringt, von Kameras überwacht wird, liegt der Gedanke an eine medienträchtige Inszenierung des Ganzen nah…

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