Rosa von Praunheim

Neu im Verlag: Friederike Emmerling schreibt über ihre erste Begegnung mit Rosa von Praunheim

Neu im Verlag: Friederike Emmerling schreibt über ihre erste Begegnung mit Rosa von Praunheim

„Sie schrieb, sprach und siegte. Als ich mich am Telefon in Rosa von Praunheim verliebte.“ Friederike Emmerling schreibt über ihre Begegnung mit Rosa von Praunheim. Über rosa Wolken mit Sprengstoffpotential und erste Eindrücke eines berauschenden Uraufführungsabends.

 


Im September bekam ich eine Mail von Rosa von Praunheim. Er fragte, ob wir an der Vertretung ihrer Theaterstücke interessiert seien. Ernsthaft? Rosa von Praunheim fragte uns? Ob wir interessiert wären? Diese Ikone der Schwulen- und Lesbenbewegung, dieser begnadete Filmemacher, diese Lebenskünstlerin par excellence. Nicht ein einziges Mal hatte ich zuvor darüber nachgedacht, Rosa von Praunheim zu fragen, ob sie schon einen Verlag hätte. Ich dachte weder darüber nach, als ich in Heidelberg ein Gastspiel von JEDER IDIOT HAT EINE OMA, NUR ICH NICHT sah und das Publikum vor Vergnügen tobte, noch als ich las, dass auch das zweite Theaterstück HITLERS ZIEGE... zu den Autorentheatertagen 2020 ausgewählt wurde. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass Rosa von Praunheim noch keine verlegerische Heimat hatte. Nach unserem ersten Telefonat war es restlos um mich geschehen. Mit Rosa zu sprechen war wie unter einem Feuerwerk aus Ideen, Einfällen, Episoden, Geschichten, Vorhaben, Projekten und Dringlichkeiten zu stehen. Die Energie war grenzenlos. Auf einer rosa Wolke mit Sprengstoffpotential schwebte ich zu seiner Uraufführung von HITLERS ZIEGE UND DIE HÄMORRHOIDEN DES KÖNIGS nach Berlin. Es war genauso, wie ich es mir erhofft hatte. Derb, zotig, unangepasst, furchtlos, dringlich, geschmacklos. Ich ertappte mich dabei, Rosa auf den Leim zu gehen, indem ich zu Liedern schunkelte, deren Brisanz mich eher hätten in Schockstarre versetzen müssen. Ohne Scheu wurde jeder Kalauer mitgenommen und brüllend gelacht, wo Schlimmstes verhandelt wurde. Rosa von Praunheim warf sich mit fast kindlicher Freude in schmerzhafte Themen, um sie wie Konfetti in der Luft zu zerfetzen, auf dass sie wie messerscharfe Pfeile auf uns runterprasselten. Das war verstörend und befreiend. Bei Rosa gibt es keine Eindeutigkeit und auch kein Richtig und Falsch. Rosa verlangt von ihrem Publikum Mündigkeit, hinter politischer Korrektheit kann sich niemand verstecken. Nichts ist einfach und alles Provokation. Aber auch Liebe und Hoffnung. Ein bebender Widerspruch. Am Tag nach der Premiere fragte ich Rosa, ob sie mit uns arbeiten wolle. Sie sagte Ja. Und es war herrlich.


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