Ewald Palmetshofer

helden
2 D, 3 H, 1 Sprecher, Verwandlungsdek
UA: 20.03.2009 · Theater an der Ruhr, Mülheim · Regie: Thomaspeter Goergen
David und Judith sind Helden. Schon seit ihrer Kindheit. Spiderman und Catwoman. Ein altes Spiel, das noch immer herhalten muss, das man auffüllt mit politischem Überschuss, der ideologisch völlig leer nur in sich selbst gründet. Man engagiert sich sehr und legt Brandbomben in heimischen Einkaufshäusern. Man kämpft gegen die Eltern und gegen die eigene Generation der Schönen, Erfolgreichen. Paul und Judith versuchen sich als Paar. Die Eltern versuchen sich zu entspannen. Man hat auch therapeutisch schon einiges versucht. Manche versuchen sogar ein Coaching. Alle sind hier Täter. Und keiner hat eine wahre Politik. Nur die Bomben sprechen eine eindeutige Sprache.

Nach dem ausgerufenen Tod des Ideologischen ist das politische Begehren leer und unmöglich. Entlang dieser Unmöglichkeit bewegt sich das Geschwisterpaar David und Judith. Ständig von der Gefahr bedroht zu vergehen, zu implodieren - in einer Umwelt, einer Schaumstoffzelle, die jedes Begehren assimiliert - bleibt nur der Wunsch sich zur Bombe zu verwandeln, der Wunsch der totalen Explosion. Doch es wird nicht das Politische sein, was diese Verwandlung, diese politische Transsubstantiation initiiert, sondern die politisch reine, bürgerliche Liebe. Natürlich. Und man ist als junger erwachsener Mensch aufgeklärt genug um zu wissen, dass der vertikale Kampf gegen die eigenen Eltern und ihr politisches Versagen nichts mehr taugt. Anders, ganz anders, ist da die horizontale Schlacht - gegen die eigene Generation. (Ewald Palmetshofer)

Mit der englischen Übersetzung von helden (englisch superheroes von Neil Fleming) wurde Ewald Palmetshofer im Januar 2007 zum "hotINK International Play Reading Festival" (presented by Tisch School of the Arts at NYU) nach New York eingeladen. Die szenische Lesung wurde von Dieter Boyer eingerichtet.
Übersetzt in: Czech

Kritiken

helden

Spiegel, 16.03.2009

Mitten hinein in diese Kargheit flatscht Palmetshofer hin und wieder ein mächtiges Monologmassiv: Ein atemloses Ringen um Erkenntnis, um eine gültige Vorstellung vom Leben, bei der sich Satz um Satz, Gedanke um Gedanke gegenseitig anstoßen, wie Dominosteine. Eine allmähliche Verfertigung der Gednaken beim Reden. 

nachtkritik.de, 23.03.2009

Palmetshofer diagnostiziert auch in "helden" eine postideologische Leere der Zeit, stellt große Fragen nach Liebe, Identität und Terrorismus.

Der Westen, 23.03.2009

Helden ist dennoch ein vielschichtiges Stück über den paradoxen, zerstörrerischen Gesellschaftszustand: Wahre Identität kann nur in einer Maske ausgedrückt werden. 

Kölner Stadtanzeiger, 22.03.2009

Das ethisch-gesellschaftliche Dilemma der Kinder der 68er führt Palmetshofer in seinen familiären Rahmen zurück, seine Kunstsprache weist jedoch weit über das Milieustück hinaus.

Neue Ruhr Zeitung, 23.03.2009

Das ist der Kern von Ewald Palmetshofers „Helden“-Stück: Es ist dem Terror des real existierenden Kapitalismus auf der Spur.