Wolfgang Maria Bauer

Wolfgang Maria Bauer, geboren 1963 in München, studierte in der Heimatstadt und besuchte anschließend die Schauspielschule in Stuttgart. 1990 wurde er als Schauspieler an das Bayerische Staatsschauspiel engagiert. Heute arbeitet er als Autor, Schauspieler und Regisseur.





Wolfgang Maria Bauer, geboren 1963 in München, studierte in der Heimatstadt und besuchte anschließend die Schauspielschule in Stuttgart. 1990 wurde er als Schauspieler an das Bayerische Staatsschauspiel engagiert. Heute arbeitet er als Autor, Schauspieler und Regisseur.





Theater
Wolfgang Maria Bauer

Der Schatten eines Fluges Die Geschichte von Mathias Kneißl

2 D, 8 H, Verwandlungsdek

Die Familie Kneißl führt ein armes, karges Leben, nicht selten müssen sie hungern, und nur jenseits der Legalität lassen sich die sieben Kinder überhaupt ernähren. So lernt Mathias, 1875 geboren, von klein auf, sich durchzuschlagen, zu wildern, zu schießen. Als Mathias und sein Bruder Alois verhaftet werden sollen, weil sie die Schule geschwänzt haben, wehrt sich Alois und schießt auf den Gendarmen. Dafür wird er, ein Fünfzehnjähriger, zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Mathias wird ebenfalls eingesperrt wegen angeblicher Mittäterschaft. Als Mathias nach 5 Jahren und 9 Monaten das Gefängnis Amberg wieder verlässt, träumt er von einem ´normalen´ Leben. Doch so sehr er sich auch bemüht, sein Ruf eilt ihm überallhin voraus, so bleibt ihm kein anderer Ausweg, er muss wieder wildern, muss wieder stehlen und schließlich sogar schießen und töten. Schon wird sein Bild in den Zeitungen gedruckt, Steckbriefe werden gehängt und die Polizei beginnt die berühmt gewordene ´Kneißljagd´. Mathias spielt Katz und Maus mit den Gendarmen, er entwischt ihnen immer wieder und gibt die Obrigkeiten der Lächerlichkeit preis. Er hat ein leichtes Spiel, zumal die Bevölkerung auf seiner Seite steht. Sie halten zu ihm, geben ihm zu essen, verstecken ihn, denn dieser Kneißl, das ist einer der ihren. So wird Mathias langsam, was er nie werden wollte: Volkes Held.
Er ist 27 Jahre jung, als er 1902 das Schafott besteigt. Seine Mathilde hatte ihn verraten, des Kopfgeldes wegen. Die Zeitungen melden das Ereignis auf der ersten Seite, und 3000 Menschen versammeln sich vor den Toren des Richtplatzes Augsburg, um ihm ein letztes Mal zuzujubeln - ihrem Kneißl.

Theater
Wolfgang Maria Bauer

Der Zikadenzüchter

4 D, 8 H, Verwandlungsdek

"Sparta: Bürokratisch organisierter Stadtstaat der sich mit starkem Militär zeitweise die Vormachstellung im antiken Griechenland erkämpft. Eine der Urformen aller heutigen Demokratien. Die Menschen in Sparta: zweigeteilt in ihrer Existenz, ihrem Wesen. Die Götter haben ihr eigenes Abbild entzweigeschnitten - zur Strafe für die Gottlosigkeit der Menschen. Wo die Menschen vorher vier Augen, Beine, Arme, zwei Gesichter und Geschlechter hatten, rund und vollkommen waren, gibt es jetzt nur noch halbe Menschen. Waren es aber wirklich die Götter, die den Schnitt gemacht haben? "Wo lebt der, der schneidet? In Sparta? Oder ist das nur sein Name, Sparta, ja so könnte er heißen." Dies fragt Kalliope, eine Blinde. Bei ihr und ihren sechs Leidgenossen ist der Schnitt danebengegangen. Stumm, schwerhörig, einbeinig, verbeult, unheilbar krank und schwachsinnig sind sie als unwertes Leben gleich nach der Geburt in die Wildnis des Taygetosgebirges ausgesetzt worden. Taygetos, ein gesunder halber Mensch (oder Gott?), selbst von den Spartanern wegen seiner Menschlichkeit, seines Mitgefühls geächtet, rettet diese Gruppe der Verlorenen und kümmert sich um sie.
Hier nun, Jahre später, beginnt die Geschichte von den Zikaden und ihrem Züchter. Die Aussätzigen wollen zurück zu den Menschen. Sie haben ihren Retter und Züchter Taygetos davongejagt und planen tagtäglich den Marsch nach Sparta. Sie üben sich in spartanischen Tugenden und werden immer mehr Mensch - in manch überraschendem Sinne. Als es dann wirklich losgehen soll, treffen die Untoten auf einen Spähtrupp des spartanischen Heeres. Der Showdown beginnt." (Martin Schall)

Junges Theater
Audio
Wolfgang Maria Bauer

Der kleine Wolperdinger

6 Darsteller:innen

Armer Abeku! Seit Jahren lebt der Löwe im örtlichen Tierpark und muss für Fotos posieren. Abeku kennt jeden Quadratmeter und jeden Gitterstab seines Geheges. Nichts passiert - es ist der immer gleiche Trott. Zäune, Gitter und Schloss. Immer, wenn er es im Tierpark kaum aushalten kann, denkt er an seine Heimat zurück - an den Horizont und die Freiheit -, als er noch mit der Löwin Elisa zusammen durch die südafrikanische Savanne preschte. Ein unvorhergesehenes Leben zusammen mit Elisa, das wünscht sich Abeku mehr als alles andere. Alles nur ein Traum, nichts weiter. Wer will schließlich einen Löwen befreien und ihm bei seiner Reise nach Südafrika helfen?
Das müsste doch eine ziemlich durchgeknallte Type sein, oder? Auftritt: Spatz. Als die gefiederte Quasselstrippe eines Tages im Gehege von Abeku landet, beschließt Spatz spontan, dem Löwen zu helfen. Flugs sind die Schlüssel vom Tierpfleger stibitzt, und die Reise kann beginnen. Was Spatz nicht vorhergesehen hat, ist, was für ein riesiges Chaos ein ausgewachsener Löwe in der hiesigen Fauna auslösen kann.

Die Tierwelt gerät in Panik, als plötzlich Abeku durch Wälder und Wiesen streift. Ob Hasen, Bienen, Dachse, Schweine – alle sind in Alarmbereitschaft. Der Weg ist unendlich weit, und auf die Hilfe der lokalen Tiere kann man nicht bauen. Das Reiseabenteuer scheint zu Ende, noch bevor es richtig begonnen hat. Als alles aussichtslos scheint, treffen Abeku und Spatz jedoch auf den kleinen Wolperdinger – eine sagenumwobene Tiergestalt! Ob der Wolperdinger den beiden bei der Reise helfen kann? Wird Abeku jemals Elisa und seine Heimat wiedersehen? Und was ist eigentlich mit dem Tierpfleger, dem der Spatz die Schlüssel zum Gehege gestohlen hat? Ein ganz schönes Schlamassel das alles.

Wolfgang Maria Bauers erstes Kinderstück ist ein turbulentes und rasantes Tierabenteuer. Eine Fabel-hafte Geschichte über Freundschaft und Toleranz.

Theater
Wolfgang Maria Bauer

In den Augen eines Fremden

2 D, 4 H, Verwandlungsdek

"Denke ich an mein Stück, so sehe ich einen verlassenen Badeort, am Meer gelegen, im letzten Licht des Tages. Auf den Klippen steht ein alter Mann mit hagerem Gesicht: Pinon. Seit 18 Jahren lebt er allein dort oben, auf den Klippen, in einem Haus, dass er zu einem Gefängnis umgebaut hat, er spricht nicht, aber er hilft, wenn jemand zu den Klippen kommt, der wirklich springen will. Und ich höre die leise Musik im "Tanzpalast", sehe dort Gratia, sehe sie seit 18 Jahren die wenigen Gäste bedienen, auf ihre Weise bedienen, sehe aber auch ihre hässlichen Narben im Gesicht. Und ich rieche die vermoderten Tapeten in der "Absteige", rieche die ungewaschenen Kleider des Portiers, rieche seinen faulen Atem. Und ich höre Sebastian, höre ihn dort auf der Bank an der Uferpromenade in die Dunkelheit sprechen, höre seinen Wunsch nach einer Geschichte. Und ich sehe Daniel, sehe wie er dafür bezahlen will, dass ihm jemand zugehört hat, vielleicht seit 18 Jahren das erste Mal zugehört hat. Und ich sehe auch Vera durch die Nacht laufen, sehe sie dann vor der Plakatwand mit den längst verfallenen Veranstaltungshinweisen und höre, dass sie die Plakate auswendig lernt. Sie alle haben eine gemeinsame Geschichte: das Stück, - ich kann und möchte es also nicht nacherzählen, das müssten die Figuren selber tun, und nicht zuletzt sprechen meine Figuren ja nie über sich selbst, sondern immer nur über den, auf den sie in dieser Nacht zufällig treffen. Sie betrachten sich eben mit den Augen eines Fremden und entdecken dann in dem Geschehen eine Geschichte, das heißt, sie erfinden sich gegenseitig, jeder gibt dem anderen eine Geschichte, - seine eigene." (Wolfgang Maria Bauer)

Theater
Wolfgang Maria Bauer

Julie, Traum und Rausch

2 D, 1 H, 1 Dek

Es ist Mittsommernacht, Zeit der Grenzaufhebung, Tag und Nacht sind nicht mehr voneinander getrennt, sondern fließen in diffusem Halbhell-Halbdunkel zusammen; ein Traum, ein Spiel, eine Ausnahmesituation.
Eine Tag/Nacht, um endlich wahr zu machen und die Flucht zu ergreifen: Christin stützt ihre Pläne auf physikalische Studien, sie möchte mit Jean die universale Flucht antreten. Ein Nacht/Tag, um wieder einmal zurückzuschrecken vor dem Möglichen: Jean verwickelt Christin in ein Spiel, das nicht aus einer konkreten Handlung, sondern in ausformulierter Vorstellung, aus wuchernder Phantasie besteht.
Sprechen und Zuhören mit Haut und Haaren. Aus dem Brunnen steigt etwas Fremdes, etwas Drittes: ein hybrides Wesen, das Kondensat ihrer Phantasie.
Der Troll trägt den Namen Julie, den der begehrenswerten, unerreichbaren Tochter des Grafen, dem Christin und Jean zu Diensten stehen; die gestaltgewordene Imagination reißt nun die Grenzen nieder, ist ganz Körper. Christin entzieht sich dem Spiel, indem sie in die Höhe springt, sich für kurze Zeit der Gravitation enthebt und dadurch die Erde unter sich vorbeirasen lässt. Die Hinterbliebenen verbeißen sich ineinander bis zur Entfremdung. Aus der Hingabe, dem entlockten Eingeständnis einer nicht-lebbaren Liebe, wird der Entzug, wird die grundlegende Hinterfragung von Liebe und Liebesfähigkeit. Beiläufig schneidet sich der Troll die Kehle durch; mit dem ersten Sonnenstrahl verwischt er alle Spuren und verschwindet. An seiner Stelle liegt nun Christin, unbemerkt von Jean; sie bleibt zurück wie der Kaffeesatz, wie halbausgetrunkene Gläser nach einem rauschenden Fest, während der Troll, die Projektion, souverän im aufgehenden Morgenlicht erlischt.

Theater
Wolfgang Maria Bauer

Späte Wut

1 D, 1 H, 1 Dek

"Der Ort: ein Friedhof. Ein Grabstein aus grünem Sinterkalk: das Grab eines Mannes. Die Zeit: ein September. Die Personen: die Witwe und ein Fremder. Schon seit Tagen beobachtet sie ihn, wie er sie beobachtet. Er ist nicht geheuer. Etwas Gewalttätiges geht von ihm aus. Ein Geheimnis auch, von dem sie spürt, es könnte mit ihr zu tun haben. Sie muss ihn ansprechen, muss wissen, ihre Ahnungen in Sicherheit überführen. Schon ihr erstes Sprechen bricht beinahe ungewollt aus ihr heraus und führt sie fast traumwandlerisch auf die Spur ihrer Beziehung. Der Fremde hat den Grabstein des Ehemanns gefertigt: eine nach innen geschlagene Figur, der Mann "in sich selbst versteckt". Unfassbar die Antwort des Fremden: "Ich bin gekommen, Sie zu vernichten." Schockartig bricht die Drohung der Gewalt in die scheinbar so private Geschichte. Unversehens könnte der Fremde ein Attentäter sein, die Frau sein Opfer. Unversehens werden die beiden zu Vertretern ihrer Kulturen, zwei Welten kämpfen um ihre Identität. Im Ringen der Einzelnen werden die Mechanismen von Ausbeutung, Schuld und Rache deutlich, die höchst aktuell die Weltgeschichte bewegen. Späte Wut wird so zu einer messerscharfen Analyse der Verbohrtheit aller menschlichen Wahrheit, ein Gedankenspiel um die Frage nach dem Ursprung von Terrorismus und staatlicher Gewalt.
Späte Wut ist ein Krimi und ein Diskurs über die (Un)möglichkeit des Verstehens."
(Theater der Stadt Heidelberg)

Aufführungsarchiv

Digitales Textbuch