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Pier Paolo Pasolini

Der Schweinestall

11 Episoden
(Porcile)

"Aus seiner Distanz (oder aus selbstempfundener Nähe?) hat Pasolini hier seine Sicht auf Nachkriegsdeutschland in eine seltsame Mischung aus Realismus, Allegorie und Satire gedrängt. ... Das Stück ist nicht Theater im landläufigen Sinne, es besitzt auch nicht das, was man unter einer Story versteht. Die Personen charakterisieren und beschreiben sich durch ihre eigenen Aussagen. Unentschlossenheit als Thema, als Auslöser einer Crisis: Der eigentliche 'Held', Julian, ein 25jähriger, ist eine neutrale Figur. Weder entscheidet er sich für die Seite seines Vaters, eines rheinischen Großindustriellen, der mit einem nationalsozialistischen Rassenforscher fusioniert ist, noch partizipiert er an der Auflehnung des jungen Mädchens.
Der Vater kann sich für sich selbst vorstellen, daß ihn George Grosz als Schwein karikieren würde - und der Sohn nimmt diese Metapher ganz auf sich: Er geht tatsächlich zu den Schweinen. Dort, im Stall, erscheint ihm sogar Spinoza, der der eigenen 'Ethik' abschwört, weil diese inzwischen von den Vätern korrumpiert ist. Die Über-Metapher: Julian wird schließlich mit Haut und Haar von den Schweinen aufgefressen. Die Überbringer der Nachricht sind die armen Leute, eine traumatische Reminiszenz an Pasolinis eigene Jugend." (Bühne)

Deutsch von Heinz Riedt

2 D, 7 H, 1 Dek

Ursendung: 03.03.1988 · SWF · Regie: Heinz von Cramer

Aufführungsarchiv

25
November 2016
Pier Paolo Pasolini

Der Schweinestall

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Regie Ivica Buljan

Weitere Stücke

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Theater

Pier Paolo Pasolini

Calderón

Deutsch von Heinz Riedt
8 D, 12 H, St, Verwandlungsdek

In seinem erst posthum aufgeführten Drama greift Pasolini auf das Original von Caldérons Das Leben ist Traum nur mehr bruchstückhaft zurück.
Hauptfigur des Stücks ist Rosaura, die eines Tages ohne Identitätsbewusstsein erwacht und verschiedene gesellschaftliche Szenarien durchlebt/durchträumt: Die Trennlinien zwischen Traum und Wirklichkeit sind nahezu aufgehoben, sind zumindest im Unklaren gelassen.
Thematischer Ausgangspunkt Pasolinis ist der im Niedergang befindliche Franquismus im Spanien der 60er/70er Jahre und ein in Ansätzen erkennbarer 'Wandel' der Machtstrukturen. Rosaura durchlebt in ihrer 'realen Traumwelt' an drei Spielorten- einem Palast, einem Bordell und einem Lager - jeweils als Außenseiterin die aristokratische, die bürgerliche und die proletarische Variante gesellschaftlichen Seins. Der Abgesang an die Möglichkeit, eine faschistisch-kapitalistische Gesellschaft revolutionär zu verändern, zieht sich durch alle Szenarien.
Rosauras letzter Traum, den auch sie nun eindeutig als solchen erkennt - sie, interniert in einem Konzentrationslager, wird von revolutionären Arbeitern befreit -, wird von Basilio, ihrem bürgerlichen Vater, in seinem Illusionsgehalt bestätigt: "Doch bei diesem Traum mit den Arbeitern gibt es keinen Zweifel. Es ist ein Traum, nichts als ein Traum." Auf einen grundlegenden gesellschaftlichen Wandel besteht - nach Pasolini -nun keine Aussicht mehr.

Theater

Pier Paolo Pasolini

Pylades

Deutsch von Heinz Riedt
4 D, 13 H, Verwandlungsdek

Nach dem Sturz der Tyrannen Agamemnon und Klytaimnestra durch Orest und Pylades kehren diese nach langer Abwesenheit - sie sind als Königs- bzw. Muttermörder geflohen - in die Stadt Argos, deren Bevölkerung und Institutionen darniederliegen, als Freundespaar zurück. Elektra, die reaktionäre, konservative Traditionalistin, empfängt ihren Bruder Orest mit Ablehnung, da sie ihn als Erben des alten Königreiches zurückerwartet hat. Orest aber errichtet mit Hilfe seines Freundes und erleuchtet von Athene, der Vernunft, eine Demokratie, die Wohlstand und Macht bringt. In der Folge werden die Freunde zu politischen Feinden. Pylades zieht sich als anarchischer Revolutionär aus der Stadt in die Berge zurück und findet bei den Bauern und Armen seine neuen Verbündeten. Das Volk bangt um seinen Wohlstand und zwingt Orest, sich mit Elektra zu verbünden. Orest, von Athene ein zweites Mal geleitet, errichtet in Argos eine Staatsform, welche der pyladischen Revolution zuvorkommt.

Pier Paolo Pasolinis sozialkritisches Stück Pylades befasst sich vor allem mit der Demokratie als Staatsform der menschlichen Vernunft. Was sie war in ihren Anfängen, und wie sie sich entwickelte, sich anpasste. Indem er ihre Schwächen aufzeigt (wie z.B. Konsum und Geldwirtschaft, Profitdenken) findet er darin auch die Bedingungen für eine neue Staatsform, die er zwar nicht ausformuliert, doch in ihren Grundzügen aufzuzeigen versucht.

DSE Frei

Theater

Pier Paolo Pasolini

Bestia da Stile

Deutsch von Moshe Kahn
5 D, 15 H, Chor, Doppelbes. möglich

Pasolini bezeichnet sein letztes Theasterstueck als 'autobiografisch', tritt aber in der Gestalt des Tschechen Jan Palach auf (der hier nicht historisch verstanden werden darf) und entwirft in den sieben Bildern dieses Schauspiels nichts weniger als ein großes modernes Welttheater. Im Wechselgespräch mit dem Chor verhandelt er eine Welt von Glueck, Ruhm und Untergang. Dabei kommen alle großen Ideen zu Wort, die das 20. Jahrhundert über lange Zeit getragen haben. Pasolini hat dieses Schauspiel als polemischen Gegenentwurf zum Theater seiner Zeit verstanden.
Moshe Kahn

„Dieses Theaterstück habe ich von 1965 bis 1974 geschrieben. Während dieser Zeit wurde es immer wieder umgeschrieben und, worauf es in erster Linie ankommt, ständig aktualisiert, denn es handelt sich bei diesem Stück um eine Autobiographie. Und so, wie die Zeit verging und ich das Werk wegen der unablässigen Neugestaltungen unveröffentlicht bei mir behielt, verging auch mein Leben, und damit wurden auch ständige Aktualisierungen notwendig. Im Sommer 1974 habe ich mich dann entschlossen, aufzuhören - mit den Aktualisierungen, nicht jedoch mit den Neufassungen …In jenem Sommer habe ich den langen Anhang geschrieben, den der Leser, wenn er will, nicht zu lesen braucht. Das Stück endet mit den Worten trunken von Gras und Finsternissen. Dann folgen im Anhang allerdings noch - für mich - wichtige Dinge, doch das ”Ende”, dessen Nachklang in der Stille des ”Endes” im allgemeinen das schönste Stilelement des Stücks ist, ist dort.“
Pier Paolo Pasolini

Digitales Textbuch