DSE Frei

Theater

Will Eno

Grippezeit

(The Flu Season)

Niemand setzt sich, wenn er frisch verliebt ist, hin und schreibt eine Liebesgeschichte. Erst, nachdem die Habseligkeiten wieder aufgeteilt sind und auch das letzte Hemd zurückgegeben wurde, wird der Bleistift gespitzt und das Tagebuch geöffnet. Also sind Liebesgeschichten eigentlich nie Liebesgeschichten. Die Liebe ist ihre Inspiration, ja, aber das Ende der Liebe ist ihre raison d'être. Das ist ein Problem. Wo wir nur die Reise vor Augen hatten, zeigt es jetzt die Gegenrichtung auf, es lenkt die Dinge in ein Negatives, das wir nicht beabsichtigt hatten. Grippezeit versucht nichtsdestotrotz eine Liebesgeschichte zu sein. Das Stück ergötzt sich an Ambivalenzen, es nimmt verschiedene Anläufe und gewinnt eine strauchelnde Energie aus seinen Selbstzweifeln. Aber die haben ihren Preis, den die Figuren des Stücks zahlen müssen. Eine Art Klarheit stellt sich schließlich ein. Am Ende ist das Ende.

Deutsch von Anna Opel

2 D, 4 H

UA: 07.04.2003 · Gate Theatre, London · Regie: Erica Whyman

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Theater

Will Eno

Tom Pein (ohne jede Vorlage)

Deutsch von Anna Opel
1 H

"Gibt es so etwas wie einen Stegreif-Existentialisten? Wenn nicht, hat Will Eno ihn gerade erfunden. …Enos Monolog ist so unaufwendig in seinen Mitteln wie erstaunlich in seiner Wirkung. Er ist einer dieser raren Abende im Theater - raren Abende überhaupt - der einen sowohl atemlos vor Erheiterung als auch tränengebadet zurücklassen kann, je nach Neigung zum Grübeln über die düsteren und schönen Geheimnisse der menschlichen Existenz,. … Und auf jeden Fall sprachlos….

Enos Stimme, oder eher die Stimme von Thom Pain, ist abwechselnd lyrisch und emotionslos, ekstatisch und schal, boshaft und ehrlich. Mit ihren verwirrenden Rhythmen und Schattierungen spiegelt sie die Palette der Empfindungen im Monolog wieder. Das Leben ist ehrfurchtserregend wundervoll. Es ist hinreißend geheimnisvoll. Es ist absolut enttäuschend.

Ein Riesenwitz. Eine rätselhafte Reise. Ein reiches Geschenk.

Aber eines, das man gern umtauschen möchte gegen etwas, das besser sitzt um die Hüften. …

Um das mehr oder weniger Unbeschreibbare zusammenzufassen: Thom Pain ist im Grunde eine surreale Meditation über die leeren Versprechungen, die das Leben macht … Aber es ist auch, in seiner sonderbaren, verzaubernden Schönheit, lebensbejahend. Ein kleiner Beweis dafür sogar. Fast die letzten Worte von Urbaniak sind: "Ich weiß, das war nicht viel, aber es soll genügen." Tut es. Ein kleines Meisterwerk sollte das, Herrgottnochmal."

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