Theater

Jens Roselt

Handicap

Komödie

Der Golfplatz wird für Jens Roselt in seiner Komödie Handicap zur Metapher für die Untiefen, die ausgehöhlte Künstlichkeit und den letzten Endes sehr banalen Wahnsinn solcher modischen Stichworte wie 'Identitätsdesign', um das es in der Geschichte seines Stückes geht.

Mira ist von einer großen Agentur damit beauftragt, den zwei Aspiranten für einen Posten im höchsten Management die Biographien zu polieren, zurechtzustutzen und sie für die große Aufgabe kompatibel werden zu lassen. In die Quere kommt ihr dabei unablässig eine von ihr längst aufgegebene Figur, ein vorhergehender Auftrag zur Umprogrammierung, der sich von ihr aber nicht hat durchführen lassen.
Letzte Reste allerdings von so etwas Altmodischem wie Selbstzweifel, Unsicherheit, persönliches Defizit, was ja, wie man in grauer Vorzeit annahm, so etwas wie ein Persönlichkeitsprofil erst ausmacht, lassen sie auf unterschiedlichste Weise an diesen zwei Bewerbern immer wieder scheitern.
Wen die Götter strafen wollen, dem erfüllen sie seine Wünsche, und die Vorgabe einer Komödie ist es, dass alle glücklich werden, gerade weil ihre bewussten Wünsche nicht in Erfüllung gehen - und so ist es demzufolge auch hier, man braucht sich also um das - zugegeben unerwartete - Happy End am Schluss nicht zu sorgen.

2 D, 2 H, 1 Dek

UA: 16.06.2002 · Bühnen der Stadt Köln (Halle Kalk) · Regie: Thorsten Fischer

Übersetzt in French

Aufführungsarchiv

16
Juni 2002
Jens Roselt

Handicap

Theater

UA

Regie Torsten Fischer

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Theater

Jens Roselt

Dollmatch

2 D, 1 H, 2 Dek

"Ich müßte lügen, sollte ich die Wahrheit sagen."

Nordseeküste. Blick auf eine Landschaft aus Dünen. Sommerliche Kulisse und Schauplatz für eine bizarre Begegnung vor dem Hintergrund einer Regierungskonferenz. Drei Dolmetscher, alle um die dreißig, treffen unvermittelt aufeinander. Tristan, einziger international tätiger Übersetzer Deutsch-Suaheli und in der Situation eines in der Sonne verbrannten Adonis, Marie Claire, diplomierte Kollegin und originelle Hochstaplerin französischer Vokabeln im diplomatischen Dienst, und Brigitte, dritte Spielerin in diesem Dollmatch und mit einem Sportdrachen in der Naturschutzzone zu Fall gekommen.

Ein exzentrisches Spiel um die Identität der Figuren beginnt. Diese "Geheimnisträger mit Pokerface", wie Jens Roselt sie nennt, führen eine Kategorie des Seins vor, die die Differenz zwischen Schein und Wirklichkeit weder erspüren noch verantworten kann. "Nichts meinen sie ernst oder nehmen es für wahr, und doch verlangt die Spielregel, so zu tun, als sei alles ernst und wahr. Zwischen Wahr und Falsch, Ernst und Unernst kann nicht mehr unterschieden werden, obwohl die Figuren sich und den anderen vorspielen, die Trennungslinie genau zu kennen."

Der Grenzgang ermöglicht ein fatales Spiel im Spiel und dessen Intensität mit extremer Konsequenz: "Projekt Götterdämmerung" in Bonn. Im Schatten von Staatsempfang und Krisengipfel ereignet sich die Grenzüberschreitung als terroristischer Akt. Marie Claire entpuppt sich als Komplizin in Erwartung des von Brigitte aus der Ferne gesteuerten Anschlags. Die Bombe geht hoch - und beide werden zu indifferenten Beobachterinnen (in) ihrer eigenen Inszenierung.

UA Frei

Theater

Jens Roselt

Desperados

2 D, 4 H, Verwandlungsdek

Der skrupellose Meinungsforscher Maus wird engagiert, um die Lage an der öffentlichen Meinungsfront zu erkunden. Das Ziel ist umfassend; es geht um die uneingeschränkte Enteignung geistigen Eigentums. Ideen, Pläne Romane: Alles gehöre allen, die Zeit sei reif für eine Revolution. Maus beherrscht die hohe Schule der Demoskopie. Nun soll er Meinungen emporschießen lassen wie ein Finale beim Feuerwerk, kurz bevor alles verglüht. Doch an der Meinungsfront verwischen sich die Grenzen.
Sigurd ist eigentlich der Chauffeur, der in der Rolle seines Dienstherrn den Senioren-Gigolo spielen kann. Frauke, eine engagierte Funktionärin der Jungen Union, startet Aktionen wie den >Tag der Behinderten<, bei der sich die Polit-Nachwüchsler als Behinderte verkleidet in die Stadt stellen, um Erfahrungen zu sammeln. Oder Manfred, der mit einer aufgebrachten Meute die Todesstrafe für Fehlverhalten im Verkehr wieder einführt. Meinungen scheinen frei umherzuschwirren und doch längst Maus und der alten Dame zu gehören. Wo alle Widerständigkeit mit integriert wird, kann den beiden nur die absolute Meinungslosigkeit gefährlich werden. Und so wird Falk, der keine Meinung hat, zum verzweifelten Desperado für die nach Macht strebenden Demoskopen.

In einem verschneiten Freibad kommt es zum Showdown im Meinungskrieg. Maus, den Überzeugungstäter ohne Überzeugung, frisst die eigene Revolution. Am Ende siegt das alte System. Die Ordnung wird wiederhergestellt. Die Opportunisten sitzen an der Macht.

Und was wird aus den Desperados? Mal sehn.

Digitales Textbuch