Moritz Franz Beichl

"[M]an darf ein bisschen weinen um Effi, aber auch lachen, am Ende sind zwei tot." – Neu im Programm: Moritz Beichls queer-feministische Komödienüberschreibung EFFI, ACH, EFFI BRIEST

"[M]an darf ein bisschen weinen um Effi, aber auch lachen, am Ende sind zwei tot." – Neu im Programm: Moritz Beichls queer-feministische Komödienüberschreibung EFFI, ACH, EFFI BRIEST(c) Selina Schobel

„Frei nach Fontane, frei von Fontane, mit fast keinem Satz von Fontane, wer braucht schon Fontane, wenn man Effi hat?“, so hat Moritz Beichl seine queer-feministische Komödienüberschreibung untertitelt. Word: Wer braucht schon Fontane, wenn man Effi hat? Die alte Geschichte – eine arrangierte, lieblose Ehe führt zu Betrug, führt zum Duell, führt zum tragischen Tod in Isolation und Einsamkeit – schon tausendmal gelesen, gesehen, gehört. Wer braucht staubtrockene Lektürekurse über wilhelminische Hochliteratur, wenn einem die Geschichte im neuen Gewande direkt in die Magengrube tritt? Ist denn Effi für uns nicht genug? Moritz Beichl, erfolgreicher Regisseur, Nestroy-Preisträger und nun auch – thank God – Autor hat sich dem Fontane-Roman als Destillat seiner Zeit mit viel Humor und aus einer aktuellen queeren Perspektive heraus genähert. Seine Adaption EFFI, ACH, EFFI BRIEST, die er selbst am 22. Oktober letzten Jahres für die Bühne des Bronski & Grünberg inszenierte, orientiert sich am Handlungsgerüst des Romans, lädt uns aber gleichzeitig dazu ein, die Figuren neu zu lesen. Ein kleines Theaterwunder, das er in Wien ausschließlich mit Männern besetzte. Die Wiener Zeitung jubelt: “Während andere Roman-Adaptionen anöden, die wenig mehr sind als inszenierte Hörspiele, stellt Moritz Franz Beichl in der Müllnergasse ein echtes Stück auf die kleine Bühne und inszeniert gleich selbst diesen Abend. Der ist frech, anstößig, bunt, bitter – und voller Poesie.” Mit einem genauen Blick für die Figuren, verwebt Beichl die Geschichte klug und mit einer gehörigen Portion aktueller Gesellschaftssatire. Aus Effi Briest, ein tragisches Opfer ihrer Lebensumstände, wird eine aufmüpfige, empowernde junge Frau, die sich gegen Standeskonventionen und die gesellschaftliche Normierung auflehnt:

 

MUTTER BRIEST Effi, geh jetzt, mach dich schön, wir bekommen gleich noch ganz besonderen Besuch.
EFFI Ich hasse es mich schön zu machen, ich wäre lieber hässlich.
MUTTER BRIEST Das bist du nun aber leider einmal nicht.
EFFI Am liebsten wäre ich ein Mann, die Männer müssen nie schön sein.

 

Doch nicht nur Effi bricht aus der festgesetzten Romanhandlung aus. Kurz vor dem Duell stehen sich Effis Geliebter Major Crampas und ihr Ehegatte Baron von Innstetten so nahe wie selten, fast kommt es zum erlösenden Kuss zwischen den beiden Männern. Denn auf ein Pistolen-Duell haben eigentlich beide überhaupt keine Lust. Vielmehr möchten sie sich lustvoll in den Sanddünen wälzen. Doch die Geschichte muss ja weiter gehen – eine Maschine, die, einmal angeschmissen, bis zum tragischen Ende führt – ob die Figuren wollen oder nicht. Trotz aller Aktualität und queeren Verweise nimmt Moritz Beichl den Roman ernst und seziert kritisch die in sich verschachtelten Bedeutungsebenen. Fontanes Gesellschaftskritik münzt er auf unsere heutigen Ressentiments um. Das ist mal komisch, mal zutiefst schmerzvoll traurig. Am besten beschreibt das Stück immer noch der Autor selbst: 

 

"'Ich habe ein Drama geschrieben.' Ja, ich! Ein Drama. Einfach geschrieben, mit Worten und Sätzen und Szenen, ein Drama, über die Effi, die Effi Briest, Ach, Effi, und ich inszeniere es auch noch, in Wien, ein Drama. Um genau zu sein: Eine Komödie, Komödien sind dazu da, dass man lachen kann, oft über die in den Magen stechende Absurdität der abscheulichen Realität, man lacht um nicht zu weinen, man darf ein bisschen weinen um Effi, aber auch lachen, am Ende sind zwei tot."

 

Effi, Ach, Effi Briest / Moritz Beichl


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