Ulrich Zaum

Blattgold
Stück in 3 Akten
3 D, 11 H, 3 Dek
UA: 28.04.1990 · Bühnen der Landeshauptstadt Kiel · Regie: Johannes Klaus
1918, gegen Ende des 1. Weltkriegs, treffen sich auf einem verlassenen Festplatz die Zurückgebliebenen und Invaliden: ein Graf samt Assistenten, ein Arzt und sein blinder Patient und ein im Krieg verrückt Gewordener. Unter diese heterogene Gesellschaft haben sich einige Varieté-Künstler gemischt, die hoffen, aus der desolaten Verfassung der Kriegsgesellschaft Kapital schlagen zu können.
Der bekannteste unter ihnen ist Hanussen, ein Artist und Hellseher, der mit einem Geiger und Zauberer zusammen ein Frontspektakel plant. Das Kriegsende macht sein Pläne zunichte. Hanussen ist hoch verschuldet und beschließt nach 10 Jahren, während derer seine Lage immer aussichtsloser wurde, Selbstmord zu begehen. Er überlebt jedoch und gerät in die Gesellschaft einer aufstrebenden SA-Clique, der auch der Graf angehört. Hanussen wittert seine Chance und versucht sich als "Seher" der Bewegung. Als Lohn für sein Engagement fordert er nach der Machtergreifung Hitlers die Unterstützung für seine bislang aufwendigste Show. Die Nationalsozialisten bringen den lästigen Mitwisser jedoch um. Bei seiner Ermordung bekommt den Schergen die Tatsache seiner jüdischen Herkunft zupaß: Herschel Steinschneider, alias Graf Erik Hanussen.
Ulrich Zaum zeichnet in seinem Stück den Weg eines Opportunisten, der jedoch nichts anderes als eine Marionette an den Fäden der Machthaber ist. Es gelingt ihm, ein Bild der wechselnden Zeiten zu zeichnen, auch durch die Auswahl eines ungewöhnlichen Personenkreises, der durch Halb- oder Traumfiguren wie die Foppgeister, den wilden Mann, den Blinden, den toten Zauberer ergänzt werden. Hanussen, der Hellseher, vermag sein eigenes Schicksal nicht zu sehen - oder er sieht es, kann ihm aber nicht entkommen.