Hans Castorp, ein früh verwaister Ingenieur aus gutbürgerlichen Verhältnissen reist im Sommer 1907 für drei Wochen aus seiner Heimatstadt Hamburg nach Davos, um seinen lungenkranken Vetter Joachim Ziemßen zu besuchen. Der 'hermetische Zauber' des vornehmen Sanatoriums Berghof und die verführerische Zeit- und Weltabgewandtheit zieht ihn derart in seinen Bann, dass er die Abreise immer wieder aufschiebt und so aus Wochen Monate und aus Monaten sieben Jahre werden, in denen die, Zeit- und Alltag ausklammernde, Monotonie der horizontalen Lebensweise zwischen Fiebermessen, Liegekur, Röntgen und Speisesaal ihm bald als die für ihn einzig passende erscheint. Durch die Allianz von Lust und Erregung, Begehren und Tod, die für ihn zum Maß aller Dinge wird, gehen für Castorp – wie für alle Patienten – Vergangenheit und Zukunft ineinander über, so dass er jedes Zeitgefühl verliert und er immer mehr der Welt und der Zeit verloren geht. Gleichzeitig verändert sich durch »die Faszination des Todes« sein Denken. Er stellt sich Fragen, die er sich nie zuvor gestellt hat. Welcher der zwei Lebenswege ist der richtige, fragt er die faszinierende 'kirgisenäugige' Russin Clawdia Chauchat, von der ihm nach dem Karnevalsrausch der Walpurgisnacht als 'Erinnerungsgabe' nur ihr Röntgenbild bleibt: 'der gewöhnliche, direkte und brave' oder 'der geniale Weg' auf dem man »die Todesidee und alles Dunkle, Geheimnisvolle des Lebens zwar nicht rationalistisch übersieht, sondern sie einbezieht, ohne sich von ihr beherrschen zu lassen«.
Florian Hirsch hat aus dem „Zauberberg“ eine Lesart für unsere Gegenwart destilliert. Eine Soziologie der Leiden: Paradies und Verdammnis, Rausch und Ernüchterung, Bewegung und Stillstand, Ordnung und Freiheit, Liebe und Tod. Eine Entdeckungsreise mit ungewissem Ausgang und schwankenden Fieberkurven inmitten einer Pandemie. Eine Kur ohne Heilung. Ein Schneesturm. Ein Maskenball. Ein Danse Macabre. Ein zeitentrücktes wie zeitaktuelles Portrait des modernen Menschen.
Thomas Mann
Der Zauberberg
nach dem gleichnamigen Roman
Für die Bühne bearbeitet von Florian Hirsch
1 D, 5 H
UA: 28.10.2020 · Théâtre National du Luxembourg · Regie: Frank Hoffmann