Anaïs Clerc, Yazan Melhem

die gegangen sind
variabel
UA: 21.4.2023 · Theater Osnabrück, emma-theater · Regie: David Moser
**Ausgezeichnet mit dem Osnabrücker Dramatikpreis 2022**

Drei komplett verschiedene Persönlichkeiten und doch eine Sache, die sie verbindet: Die Flucht aus ihrem Heimatland in die Fremde. Entrissen aus ihrem alltäglichen Leben in Ex-Jugoslawien, der Ukraine und Syrien durch Krieg und die Zerstörung ihrer Heimat. Stell dir vor, du müsstest plötzlich unerwartet aus deinem eigenen Land fliehen in das Ungewisse und Unbekannte. Eine Mutter und Bruder, die zurückgelassen werden mussten, ein Vater, der ungesichert im Keller zurückgeblieben ist, und das überstürzte Fliehen eines Mädchens mit kleiner Schwester und totsterbenskranker Mutter. Von schrecklichen Bildern begleitet, entkommen sie dem Schrecken über die See und Übernachtung in Zelten, über ungewisse Zugfahrten und zahlreiche ungewollte Stopps nach Deutschland. Angekommen in sicheren Gebieten, überschatten Einsamkeit, Unsicherheit und Angst um die Zurückgebliebenen und ihre Zukunft, die Sicherheit vor Krieg. Auf dem Weg ein neues Leben und eine neue Heimat für sich aufzubauen, bleiben die Schatten bestehen. Stell dir vor, in Sicherheit zu sein, sich jedoch trotzdem nicht sicher zu fühlen, ständig in Sorge zu sein. Der Versuch, die Familie zu sich zu bringen, mit ausländischen Nachnamen eine Arbeit zu finden und die Tatsache, dass, egal wie lange sie auch schon in dem neuen Land leben, immer mit einem Seitenblick angeschaut werden, erinnert sie stets daran, dass sie anders sind, nicht wirklich in die neue Heimat gehören. Realität ist jedoch, dass nur eine Sache alle Menschen unterscheidet und das ist Glück. Glück nicht in einem Land aufzuwachsen, was vom Krieg und Grauen befallen wird und Glück, nicht fliehen zu müssen.

Mit den drei Fluchtgeschichten, die auf Basis von Interviews zu einer Kollektiv-Erinnerung zusammengetragen wurden, schildert Autorin Anais Clerc, die für dieses Werk zusammen mit Yazan Melhem den Dramatiker*innenpreis gewonnen hat, wie schmerzlich greifbar und präsent das Thema auch in der heutigen Zeit ist und dass viel mehr hinter den Menschen steckt, als nur ihre Fluchterfahrungen. Durch die detailgenaue Darstellung der sehr persönlichen und schmerzhaften Erinnerungen mit Sätzen, die in der Originalsprache dargestellt werden, spürt man das Geschilderte so, als hätte man es selbst erlebt, auch wenn es noch so fremd ist.