Alexej Schipenko

Mein weißer Mercedes
Deutsch von Sergej Gladkich
1 D, 6 H, 1 Dek
frei zur UA
31. Dezember 1971. Moskau. Es schneit.
Der Dissident Sheka wird beschattet. Der weiße Lada, mit Mitarbeitern des KGB gefüllt, steht vor seinem Hauseingang Wache. Keinerlei Geheimnisse: er weiß, wer sie sind, und sie wissen, dass er es weiß. Sheka bittet sie, ihn zu einer Adresse zu fahren, weil er sich zu einem konspirativen Treffen verspätet. Er kommt mit dem Gruppenleiter ins Gespräch, sie scherzen, trinken Sekt. Der Chef (mit dem Namen Iwan, Sheka nennt ihn jedoch Johannes, wie den Evangelisten, und zum Lada sagt er Mercedes) uriniert regelmäßig in ein 3-Liter-Glas, weil er Tagesurin fürs Labor sammelt - der KGB-Agent hat Probleme mit den Nieren.
Mitten im Gespräch läutet das Autotelefon. Die Agenten erhalten den Auftrag, den Dissidenten zu liquidieren. Der Befehl wird sofort ausgeführt. Johannes entlässt dann die Helfer (Peter und Paul), platziert die Leiche auf dem Hintersitz und begibt sich zu Shekas Verabredungen mit einem amerikanischen Journalisten (einem CIA-Agenten, natürlich), mit Shekas Freundin, ja sogar mit deren Hund, der verdächtig an einen Teufel erinnert... Er ist nett und charmant, belesen und sentimental, zitiert aus Frischs Stiller die Stelle von Rip van Winkle, will in die Natur und kuhwarme Milch. Am Schluss stirbt er wie ein Matador (ein kastrierter freilich) auf den Hörnern einer erzürnten Kuh.
Das Stück entstand 1989 und griff einer Stilistik vor, die von Quentin Tarantino einige Jahre später eingeführt wurde.