Armando Llamas

Vernichtung der Vernichtung
(Tahâfot al-Tahâfot)
Deutsch von Heinz Schwarzinger
2 D, 5 H, Verwandlungsdek
UA: 1986 · Festival Avignon · Regie: Jeanne Labrune
frei zur DSE
Catherine und Richard, ein Ehepaar in den guten mittleren Jahren, gehen schnurgerade auf dem Weg durch ein ereignisloses Leben auf ein harmonisches Alter zu. Schon als Kinder waren sie befreundet, haben gemeinsam studiert, sind Ärzte geworden in der Privatklinik, die im Besitz ihrer jeweiligen Eltern war. So fügte es sich zusammen, dass sie irgendwann geheiratet und zwei Kinder gezeugt haben, die nun ihrerseits hoffnungsvolle Studenten der Medizin zu werden versprechen - Facetten eines betonhaft abgesichert scheinenden bürgerlichen Lebenslaufs.
Das Leben geht so dahin, bis Richard auf einem Ärztekongress in Amsterdam auf eine Herrentoilette und dort an einen Berufskollegen gerät, mit diesem gemeinsam schließlich im Bett und bei der Erkenntnis seiner homosexuellen Neigung anlangt. Familienleben und das Abtauchen in schuldbewusste Affären wechseln nun in schneller Folge ab, bis Richard zu dem Punkt kommt, an dem sich für ihn die Welten nicht mehr trennen lassen.
Peter, die große Liebe, schmuggelt er als "Männerfreundschaft unter Kollegen" ins Haus ... und damit gerät die enggewordene Welt der bürgerlichen Existenz ins Wanken.

Vernichtung der Vernichtung ist geprägt von einer genauen Beiläufigkeit in der Beobachtung der Figuren und von lakonisch treffenden Dialogen. In einer Abfolge von Kurzszenen entwickelt Llamas die Alltagsgeschichte von erstickender Eheharmonie und ratloser Lust.

Der Titel des Stücks ist Ibn Roschd (Averroes) entlehnt, der "Tahâfot al-tahâfot" - Vernichtung der Vernichtung - als Erwiderung auf Ibn Ghazalis Buch "Tahâfot al-fâlâsifa" - Vernichtung der Philosophen - schrieb.