Theater

Caren Jeß

Die Walküren

Caren Erdmuth Jeß, 2020 von der Zeitschrift »Theater heute« zur Nachwuchsdramatikerin des Jahres gekürt, hat für den Schauspielbeitrag zur »Ausweitung des Ringgebiets« ein neues Stück geschrieben. Jeß, die mit ihrer bildstarken Sprache immer auch rhythmisch-klanglich arbeitet, geht in Die Walküren von den Wagnerschen Figurenkonstellationen und Motiven aus, überhöht dabei aber dessen Stoff, treibt ihn ins Groteske und lenkt den Fokus auf die weiblichen Figuren.

Sie entwickelt ihr Stück aus der chorisch geballten Wucht, Wut und Sehnsucht der Walküren heraus: In schwindelerregenden Höhen lässt sie kraftvolle Gesänge schallen, während unten die übrigen Figuren, allesamt niederen Motiven folgend, ihren aberwitzigen Beschäftigungen nachgehen. Auswüchse einer Welt, die fern von unserer zu liegen scheint und ihr doch immer wieder befremdlich ähnelt. Wie Jeß selbst, die sich (als ihr Alter Ego »Erdmuth«) in einigen der aufregendsten Stückpassagen – zwischen Textfläche, diskursivem Autorinnenkommentar und informativ plaudernder Regieanweisung – direkt mit der Megalomanie von Wagners Weltentwurfswollen auseinandersetzt, sind die Walküren auf Konfrontationskurs mit dem »Nationaldichter«. So begegnen sie unter anderem in dessen sehr komischem Seidenhausschuh ausgeklügelten Selbstmarketingstrategien und kontern als überzeitliches »Urgestein« patriarchale Ansprüche Wotans wie Wagners. »Wir halten die Runen in Glut und schlagen und biegen sie, dass ihr euer Erbe nicht wiedererkennt«, drohen sie. In Jeß’ Version des Stoffes erkennt man das »Erbe« durchaus. Aber auch, dass berechtigte Fragen daran zu stellen sind. (Ankündigung des Staatstheater Braunschweig)

Auftragsarbeit für das Staatstheater Braunschweig

4 D, 4 H, Walküren

UA: 16.3.2023 · Staatstheater Braunschweig · Regie: Alexandra Holtsch

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Wir wollen lachen oder sterben!

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Caren Jeß, Die Walküren

Kritiken

Nachtkritik

Jan Fischer, 17.03.2023

[J]eß und Holtsch dekonstruieren Wagner gemeinsam: Die eine als Autorin, die das rohe Gerüst von Wagners "Die Walküre" so lange mit Überhöhungen traktiert, bis das lose Fleisch abplatzt und Neues auf das rohe Skelett gezogen werden kann: neue Themen, neue Ideen, Memes von "Breaking Bad" über Louis de Funès bis zu Eugène Delacroix.

Opernfreund

Gerhard Eckels, 19.03.2023

Das überaus temporeich präsentierte Stück, das Wagners WALKÜRE vergnüglich auf die Schippe nimmt, aber auch überdeutlich kritisiert, wie die Menschheit mit ihrer Erde umgeht, war bei seiner Uraufführung durchweg kurzweilig.

Braunschweiger Zeitung

Martin Jasper, 20.03.2023

Nun kommt Caren Jeß ins Spiel. Erdmuth mit Zweitnamen. Erda reloaded sozusagen. Mit ihrer respektlos verquirlten "Überschreibung"der Wagner-Oper. Bei ihr: DIE WALKÜREN. Was der Frau so alles durch den Kopf aufs Papier quillt! Da bist du mit Interpretieren, Deuten, Sinnsuche erstmal weitestgehend aufgeschmissen. Käme jetzt ein Wagnerianer um die Ecke und fragte: Was soll der Quatsch?, läge spontan die Gegenfrage nah: Woher soll ich das wissen? Das Erstaunliche an dem Abend ist aber, dass er Spaß macht.

nachtkritik

Jan Fischer, 09.03.2025

Hier geht es, bei aller Liebe zur Dekonstruktion, um etwas sehr Konstruktives: Die Frauen der Geschichte – Brünhilde, die Walküren, Sieglinde – versuchen alle, sich selbst zu ermächtigen, von ihren Vätern und Männern unabhängig zu werden, eigene Rollen zu finden.

taz

Jens Fischer, 14.04.2025

Die locker-lustig-schlaue Spielerei mit der Wagner-Oper und die beißende Ironie der Autorin sind beim Lesen wirklich komisch, der Text ist nah am Publikum (...)

Nachtkritik

Jan Fischer, 17.03.2023

[J]eß und Holtsch dekonstruieren Wagner gemeinsam: Die eine als Autorin, die das rohe Gerüst von Wagners "Die Walküre" so lange mit Überhöhungen traktiert, bis das lose Fleisch abplatzt und Neues auf das rohe Skelett gezogen werden kann: neue Themen, neue Ideen, Memes von "Breaking Bad" über Louis de Funès bis zu Eugène Delacroix.

Opernfreund

Gerhard Eckels, 19.03.2023

Das überaus temporeich präsentierte Stück, das Wagners WALKÜRE vergnüglich auf die Schippe nimmt, aber auch überdeutlich kritisiert, wie die Menschheit mit ihrer Erde umgeht, war bei seiner Uraufführung durchweg kurzweilig.

Braunschweiger Zeitung

Martin Jasper, 20.03.2023

Nun kommt Caren Jeß ins Spiel. Erdmuth mit Zweitnamen. Erda reloaded sozusagen. Mit ihrer respektlos verquirlten "Überschreibung"der Wagner-Oper. Bei ihr: DIE WALKÜREN. Was der Frau so alles durch den Kopf aufs Papier quillt! Da bist du mit Interpretieren, Deuten, Sinnsuche erstmal weitestgehend aufgeschmissen. Käme jetzt ein Wagnerianer um die Ecke und fragte: Was soll der Quatsch?, läge spontan die Gegenfrage nah: Woher soll ich das wissen? Das Erstaunliche an dem Abend ist aber, dass er Spaß macht.

nachtkritik

Jan Fischer, 09.03.2025

Hier geht es, bei aller Liebe zur Dekonstruktion, um etwas sehr Konstruktives: Die Frauen der Geschichte – Brünhilde, die Walküren, Sieglinde – versuchen alle, sich selbst zu ermächtigen, von ihren Vätern und Männern unabhängig zu werden, eigene Rollen zu finden.

taz

Jens Fischer, 14.04.2025

Die locker-lustig-schlaue Spielerei mit der Wagner-Oper und die beißende Ironie der Autorin sind beim Lesen wirklich komisch, der Text ist nah am Publikum (...)

Aufführungsarchiv

16
März 2023
Caren Jeß

Die Walküren

Theater
UA
Regie Alexandra Holtsch
Theater Staatstheater Braunschweig, Braunschweig
08
März 2025
Caren Jeß

Die Walküren

Theater
Regie Marie Bues

Weitere Stücke

Alle Stücke
Theater
Caren Jeß

Ave Joost

1 D, 3 H

In einer alten Molkereiruine schießen drei Männer JUST FOR FUN. Mit Schnaps und selbstgebauter Schießfigur. Marcus ist Bastls Vater und hat gerne alles im Griff. Auch den Bastl, weil der sonst falsche Entscheidungen trifft. Und den Joost, weil der so eine richtig verkrachte Existenz auf Speed ist. Da passt das mit dem Schießen ganz gut. Weil´s da klare Regeln braucht. Blöd nur, dass Malin auch gerne durch die Ruine streunt. Sie ist ca. 14 und steht auf lost places, da kommen ihr die schrägsten Ideen für Fantasystories. Joost soll sie vertreiben. Vergeblich. Malin begegnet ihm völlig furchtlos. Und noch mehr. Mit ihrer überdrehten Ernsthaftigkeit legt sie bei Joost eine unerwartete Sanftheit frei.

Auf dem Nährboden schießender Männergespräche lässt Caren Jeß eine sonderbare Freundschaft wuchern, die so brüchig wie flüchtig ist. Als Markus und Bastl herausfinden, dass Joost Malin gar nicht verjagt hat, werden sie misstrauisch. Jemandem wie Joost ist kaum zu trauen, dass sein Interesse rein platonisch ist. Das scheint - für diesen Moment - nicht fair, weil sich das Glück dieser bizarren Begegnung wie ein Sonnenstrahl in das Gestrüpp der ungewaschenen Haare flicht. Glaube, Liebe, Hoffnung. Kurz blitzt auf, was für ein Mensch Joost hätte werden können, wenn sein Leben nicht komplett schief gelaufen wäre.

"Die rechte, die linke, die mittige Strähne. Dein Haar in meinen Händen. Die rechte, die linke, die mittige Strähne. Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, spür, wie sie ineinander gleiten, Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, wo waren sie so lange? Wo wart ihr bloß, was habt ihr denn die ganze Zeit gemacht? Glaube, Liebe, Hoffnung, sagt, wo wart ihr?"

Theater
Audio
Caren Jeß

Bookpink

frei zu besetzen

Den Dreckspfau hat es denkbar schlecht getroffen - schon als die Mutter sein Ei im dunklen Wald entsorgte. Trotzdem geschlüpft, natürlich kriminell geworden. Voll verdreckt sieht keiner seine Schönheit. Im Gegenteil. Der Spatz, der Spast, macht ihn nur blöd an, und die Unterstützung gibt ihm Zuspruch, aber keinen Fernseher. Der Bussard redet gar nicht mehr und die Flamingos sind es leid, sich ewig nur im Kreis zu drehen. Sumpfmeise Veroniko möchte nicht auf seine Schönheit reduziert werden und die Taube im Müll träumt von barocker Zügellosigkeit. In sieben komisch-poetischen Miniaturen beschreibt Caren Jeß menschliche Abgründe im Federkleid und lässt sie so befremdlich schön blühen wie die selbstverliebte Narzisse inmitten der LGTB-Pflasterritzenvegetation.

“Voller Humor ist Bookpink, voll von subtilem Wortwitz und draller Situationskomik, von erzählenden Texten scharf gezeichnet und von Figuren und Dialogen prall koloriert. Das kommt vordergründig so leichtfüßig daher und in den Figuren der Tiere und Pflanzen so unverfänglich simpel (- die Geschichte von Emanzipation und Gender über die männliche Sumpfmeise Veroniko zu erzählen, ist beispielsweise schon ein sehr hilfreiches Mittel, sich der aktuellen Debatte ohne stereotype Zuweisungen zu nähern -), dass eine weitere Lust darin besteht, entschlüsseln zu wollen, welches der großen Themen Jeß jetzt eigentlich gerade am Wickel hat.” (aus der Laudatio von Wiebke Puls anlässlich des Münchner Förderpreises für deutschsprachige Dramatik 2018)

Theater
Caren Jeß

Die Katze Eleonore

1 D

Eleonore ist eine Frau. Bis sie eines Tages merkt, dass sie eigentlich eine Katze ist. Weil sie finanziell unabhängig und alleinstehend ist, steht ihrer Umwandlung eigentlich nichts im Weg. Sie lässt sich einen Katzenfellanzug nähen, entmenschlicht sukzessive ihr Ess-, Schlaf- und Sozialverhalten. In Kopfgesprächen mit Dr. Wildbruch, einem Therapeuten, auf den ihr katzenhaftes Verhalten eine große Faszination ausübt, zeigt sich deutlich, dass auch Eleonores Denken zunehmend dem einer Katze gleicht. Ihre Distanzierung von menschlichen Wahrnehmungsformen, die es mit denen einer Katze bei Weitem nicht aufnehmen können, ist so nachvollziehbar beschrieben, dass die Transformation ihres Lebens weitaus mehr als nachvollziehbar klingt. Man könnte sogar sagen, verlockend.

Gleichzeitig bewegt Eleonore sich im Spannungsfeld der Unmöglichkeit, als Mensch tatsächlich eine Katze sein zu können. Die Biologie ist bei aller Anpassung nicht zu überlisten. Trotzdem passt sie sich so weit wie möglich an. Schlussendlich besteht ihr Leben nurmehr aus der Jagd nach Mäusen im Garten und Schlaf, die Reduktion auf Trieb und Instinkt. Wie sich die Sinne dabei erweitern und Gesellschaft absolut nebensächlich wird, davon erzählt der Monolog Eleonores mit einer Sprache, die in ihrer filigran poetischen Genauigkeit dem Wesen einer Katze sehr nah kommt – bei aller Ambivalenz. Denn der Rückzug des Menschen in die absolute Privatheit stellt auch die drängende Frage nach der Verantwortung, die wir im Einzelnen als Teil einer funktionierenden Gesellschaft tragen müssen.

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Caren Jeß

Bookpink II

frei zu besetzen

Das Bookpink-Universum wuchert köstlich weiter. Caren Jeß entführt aufs Neue in die faszinierende Welt der Vögel, die - wie schon im ersten Bookpink - erschreckende Parallelen zur Menschenwelt aufzuzeigen vermag. Wen wundert da, dass es in Bookpink II um Faschismus, Machtmissbrauch und das langsame Verschwinden von Fantasie geht. Und dass trotzdem noch gelacht werden kann. Denn eins ist bei Caren Jeß völlig klar: Nichts ist einfach so, wie es scheint.

Der Adler verachtet sein Kind. Dabei ist der Adler doch die Mutter. Aber ohne weibliche Form. Die gibt es für ihn nicht. Dafür den Kainismus. Wenn starke Adlerküken schwache Adlerküken töten. Peinlich, wenn das Schwache überlebt. Schnell mit ihm ins Reservat für auffällige Vögel. Besser neue Eier brüten, starke Küken hüten.

Frau Pétain, ein influencendes Kolibriweibchen, will sich sterilisieren lassen. Doch die Operation misslingt. Die ärztliche Zaunkönigin juckt das nicht. Sie ist ohnehin dagegen. Da kann auch der besorgte Kollege Titsch, ein Orangekopftrupial, nichts ausrichten. Frau Pétain begreift nicht, dass ihr Eingriff erfolglos blieb. Fröhlich zwitschernd fliegt sie davon.

Nikkie die Kanarie sitzt leuchtend gelb in einer Voliere. Sie sehnt sich nach Freiheit, gibt nur noch einzelne Töne von sich. Mensch Cord wird sie ihr nicht mehr geben, er ist am Sterben, umgeben von Glas, Farben und Licht, das sich hundertfach bricht. Derweil sitzt Z?ilpzalp am Fenster und wartet feixend auf den Moment, in dem Cord gegangen sein wird, die Voliere sich öffnet und Nikki zu singen beginnt.

Mit Die Adler, Nullipara Kolibri und Nikki die Kanarie wird Bookpink um drei neue Dramolette ergänzt. Diese können nach ihrer Uraufführung mit den sieben Dramoletten des ersten Teils frei kombiniert werden. Weitere sollen folgen

Digitales Textbuch