„[Ich will] eine Gegenwelt erschaffen, die mit Rollenbildern bricht. Und das in der gnadenlosesten Umgebung, die ich mir vorstellen kann: dem Profifußball.“ – Im Gespräch mit dem Schauspieler und Dramatiker Leo Meier

„[Ich will] eine Gegenwelt erschaffen, die mit Rollenbildern bricht. Und das in der gnadenlosesten Umgebung, die ich mir vorstellen kann: dem Profifußball.“ – Im Gespräch mit dem Schauspieler und Dramatiker Leo Meier(c) Niklas Vogt

In loser Folge möchten wir in diesem neuen Format mit unseren Autor:innen und Regisseur:innen ins Gespräch kommen. In der heutigen Ausgabe interviewt Oliver Franke unseren neuen Autor Leo Meier, der mit seinem Debütstück „zwei herren von real madrid“ ein zartes, humoristisches Dramolett über neue Auffassungen von „Männlichkeit“, Fußball und Liebe geschrieben hat.

 

OF: In “zwei herren…” beschreibst Du, wie sich zwei Profifußballer zufällig im Wald begegnen. Es entspinnt sich eine zarte Liebesgeschichte. Doch das ist nur das blanke Handlungsgerüst Deines Stücks. Welche Fragen und Themen haben Dich zum Schreiben inspiriert?

 

Mich haben eine von Kindesbeinen an glühende Liebe zum Fußball, die überwältigende Angst vor dem Tod und die Lust auf unsichere, verletzliche und suchende Männerfiguren zu den „zwei herren von real madrid“ inspiriert. Am Ende meines Schauspielstudiums habe ich mich gefragt: Welche Figuren möchte ich spielen? Von mir wurden vor allem Männer erwartet, die auch mal mit der Faust auf den Tisch hauen. Das finde ich doof. In „zwei herren…“ will ich eine Gegenwelt erschaffen, die mit Rollenbildern bricht. Und das in der gnadenlosesten Umgebung, die ich mir vorstellen kann: dem Profifußball. 
 

Vielleicht hat mich auch einfach die ewige Kränkung, es nicht bis zum Profi geschafft zu haben, zu diesem Stück inspiriert. Ich war tatsächlich einfach zu schlecht.

 

OF: Du bist als Schauspieler sowohl im Theater als auch in Spielfilmen und TV-Serien zu sehen. Wie beeinflusst der Schauspielberuf Dein Schreiben?

 

Ich freue mich über Texte, die für Schauspieler:innen geschrieben sind. Texte, die ohne die Phantasie und den Spieltrieb der Schauspieler:innen nicht funktionieren. Über Szenen, die unbedingt auf der Bühne ausprobiert werden müssen. Ich persönlich bin immer etwas enttäuscht, wenn ich eine Szene lese und denke: Aha, da steht ja schon alles. Für mich sind Texte dann toll, wenn sie spielerische Prozesse in Gang setzen. Informationsvermittlung interessiert mich als Schauspieler weniger. „Wie geht’s?“ finde ich spielerisch herausfordernder als „Wie geht’s, Du siehst traurig aus, was ist passiert, ist es wegen Onkel Jochen?“ Nach dem Schreiben frage ich mich: Hätte ich Lust, diese Szene zu spielen?

 

OF: Der erste Satz im Stück lautet: „ich bitte alle beteiligten, zärtlich im umgang mit diesem stück zu sein“. Forderst Du eine neue Zartheit, Verletzlichkeit im Umgang mit dramatischen Texten? Was bedeutet dieser „zarte Umgang“ für Dich?

 

Die Rechnung von der Horroprobenzeit, die aber eine super geniale Premiere hervorbringt, ist für mich nie aufgegangen. Deswegen möchte ich gleich zu Anfang alle Beteiligten einladen, zärtlich im Umgang miteinander und dem Material zu sein. Vielleicht ist es möglich, einen Theaterabend zu erarbeiten, bei dem es nicht knallt, auf oder neben der Bühne. Bei dem die Zuschauenden auf ihren Sitzen nach vorne rücken, anstatt in ihre Sitze gedrückt zu werden. Ich wünsche mir, dass auch nach den Momenten in dramatischen Texten gesucht wird, in denen nicht gesprochen wird.


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