Anne Carson

bakkhai
nach Euripides in einer neuen Version von Anne Carson
(bakkhai - a new version )
Deutsch von Maria Milisavljevic
1 D, 7 H, und die Bakkhai
DSE: Spielzeit 21/22 · Staatstheater Hannover · Regie: Guy Weizman
Pentheus, Herrscher über Theben, will einen Staat nach seinen Vorstellungen: Ordnung soll herrschen und Vernunft. Den anarchischen Hype um den dahergelaufenen Dionysos, der behauptet, Zeus' Sohn zu sein, und dessen wilde, rituelle Anbetung passen ihm nicht. Ausschweifungen, Sex, Alkohol gefährden die öffentliche Moral. Aber vor allem die Frauen, die von zuhause wegrennen. Bakkhische Möchtegernrituale oben in den Bergen. Weiber, die vollkommen durchdrehen, wegen jemanden, den sie Dionysos nennen sind ihm ein Dorn im Auge. Diesem Wahnsinn, bei dem sogar seine Mutter Agave mitmacht, muss ein Ende gesetzt werden, ins Gefängnis gehören sie, die entfesselten Verehrerinnen des Dionysos.

Doch Pentheus unterschätzt die Bakkhai – überhaupt unterschätzt er die Sehnsucht der Menschen nach einer Existenz jenseits der Normen, nach Gefühlen und nach Befreiung von Zwängen. Und vielleicht unterschätzt er auch seine eigene Sehnsucht nach einem anderen Dasein. Eines, das Dionysos verheißt.
Ein Kampf um die Gunst des Volkes entbrennt – Pentheus' kühler Verstand gegen das anarchische Lustprinzip des Dionysos und seine Versuchungen, Nüchternheit gegen Rausch, Ekstase gegen Disziplin.

Mit bakkhai hat die ausgewiesene Kennerin antiker Tragödien Anne Carson eine ‘neue Version’ von Euripides’ dunkelster Tragödie gedichtet und sich dabei virtuos der Mythen des dionysischen Kultes bedient. Carson blickt tief in die Abgründe sexueller Unterdrückung und familiärer Gewalt, erforscht dabei Gender-Zwänge ebenso wie die Schrecken despotischer Herrschaft und erzählt sehr zeitgemäß von einer Welt, die an der Radikalisierung ihrer Gegensätze zerbricht.