Harald Kislinger

Big Mäc Epos
Epos
1 D, 2 H
frei zur UA
(Irgend ein Abend. Sie bügelt. Er surft durch die Kanäle.)
Rus: Da haben wir was entdeckt: wie wir draufgekommen sind, daß das Fernsehen ohne Ton viel besser ist. Ich mein, das ist fast eine Kunstform!
Vori: Glaubst?
Rus. Sicherlich, du surfst durch die Kanäle, kommst praktisch in der Welt herum und du siehst immer wieder so stumme Szenen. Da mußt du erst draufkommen, worums da dabei geht. Da siehst du zum Beispiel eine Diskussionsrunde und da siehst du die unterschiedlichen Typen und du brauchst eine Zeit, bis du draufkommst, worums geht. Meist kommst du eh nicht drauf. Das ist dann am lustigsten. Weil da siehst du sie gestikulieren, da siehst du wie sie sich hinsteigern - und du weißt zugleich, daß du gar nicht weißt, worums geht. Da stehst du irgendwie außerhalb. Fühlst dich stark. Herausgehoben. Seitdem wir den Ton wegdrehen, sind wir richtige Geistesmenschen geworden. Nachdenkmenschen!

"Ein Modellfall. Ein dramatischer Wutschrei. Gegen das McDonalds-Syndrom. Schnell-Esser, die seelisch verhungern. Ein Stück über Brände, in vielerlei Hinsicht. Wenn man so will: auch ein Volksstück. Geeignet für Bühnen zwischen Flensburg und Krems an der Donau, Hamburg Nord und Wien Ost. Da alle Szenen vor dem laufenden Fernseher spielen, wobei der Ton abgeschaltet ist, kann man sich gut auf die Sprache konzentrieren. Oft liegt eine würgende Sprachlosigkeit im Redefluß. Man macht keine Worte, wies so schön heißt, wo ein Fußtritt oder eine Ohrfeige genügt.
Wer nicht mehr wütend ist, sollte das Schreiben lassen!" (Harald Kislinger)