Walter Bockmayer

Carmen, die Königin vom Klapperhof
6 Darsteller, 4 Tänzer
Bockmayers´ Carmen - ein hanebüchenes Melodram um eine Prostituierte, die ohne Luden läuft und der die Männer zu Füßen liegen - ist ein Rundumschlag gegen die öffentlich diktierten Schönheits- und Schlankheitsideale der keimfreien Fitness- und Werbeästhetik. Aus der rassigen Senorita wird eine deftige Kölner Nutte vom Klapperhof im Rotlicht-Viertel der Stadt. Ihr Verehrer Don José mutiert zu einem Provinz-Schupo und Escamillo, in der Vorlage Torero, wirbt nun am Kölner Hohenzollernring als Fußball-Idol Toni Schuhmacher um Carmens flatterhafte Zuneigung. Auch musikalisch mischt Bockmayer das Musikdrama munter auf und implantiert ihm unbekümmert fremde Schlager und Musical-Hits. Die Arbeiterinnen aus der Zigarrenfabrik sind zu zickigen Bordsteinschwalben geliftet, die schnattern und schnulzen, rocken und röhren. Kräftig werden die Beine geworfen. Tutti Frutti aus dem Hinterhof. Zwischen Travestie und Trallala, Schmiere und Schlagerparodie, Klatschmarsch und Mitspielquatsch blitzt immer wieder etwas von dem plebejischen Witz auf, wie er in dieser Mischung aus Vulgarität und Sensibilität wohl in keiner anderen deutschen Stadt mehr anzutreffen ist.