Manfred Schild, Giovanni Boccaccio

Decamerone
Ein Stück Boccacio
Musik von Christian Wegscheider
4 D, 4 H, St, Verwandlungsdek
frei zur UA
Ein Wissenschaftler trifft nächtens in einem Park eine wunderschöne Frau und stellt fest, dass es seine eigene Zeit ist, die er soeben kennengelernt hat. Fünfzehn Jahre seines Lebens hat er sich pflichtbewusst um eine exakte wissenschaftliche Erfassung der Geschichten des Decamerone bemüht, aber begriffen hat er sie nicht. Also führt seine Zeit ihm die Welt dieser Geschichten vor Augen. Es sind Geschichten über Betrug, wo Frauen ihre Männer betrügen, weil diese Männer ihre Frauen heimlich mit Männern betrügen, wo junge Frauen ihr Recht auf Leben einfordern, wenn steinalte Männer diese Frauen zwar besitzen, aber nicht mehr lieben. Es ist eine Geschichte über einen Glaubensmann, der nicht glauben will, was er glauben soll. Dafür lässt er andere glauben, was er sie zu seinem Nutzen glauben lassen kann. So schickt er den religiös delirierenden Ehegatten zum Beten aufs Dach und lässt sich selbst inzwischen von der Ehefrau den wahren Glauben an das Leben lehren. Es sind Geschichten über Straßenräuber und Marktplatzflittchen, die jenseits aller bürgerlichen Moral die Hoffnung auf das glorreiche Jenseits genüsslich über Bord werfen und das Jammertal des Diesseits zum Fest erklären. Und es sind natürlich auch Geschichten über die Liebe: über ihre Schönheit und ihre Nähe zum Tod. Carpe diem oder memento mori? Boccaccio selbst sagt im Decamerone, dass "...es für den Verständigen keinen Schmerz gibt, der dem über die verlorene Zeit gleichkäme." (Manfred Schild)