Marlene Streeruwitz

Der Imbiß zur Säge.
2 D, 5 H, Verwandlungsdek
frei zur UA
"Setzen Sie sich doch. Selbstmord. Das ist immer beeindruckend. Finden Sie nicht. Ich finde Selbstmord immer beeindruckend." Friedl und Fritzi, auf dem Weg zur Beerdigung von Fritzis Großonkel, folgen Freyas Aufforderung und nehmen teil am gemeinsamen Mahl im Imbiß. Obwohl Fritzi das Lokal nicht geheuer ist. Obwohl sie keine Leberknödel mag. Obwohl Ulrich, der andere Gast, mehr als gereizt wirkt. Und obwohl die Betreiber Udo, Kurt und Freya ihre Geschwisterliebe deutlich ernster nehmen als andere. Friedl hat nun mal Hunger.
Immerhin: Fritzi kommt ins Reden. Sie erzählt von ihrer Familie und wie ihre beiden Brüder und sie früher mit den Leberknödeln gespielt haben und darüber in hysterisches Gelächter ausbrachen. Auch, woran ihre Brüder gestorben sind, erzählt sie.
Schlussendlich ist sogar ihr Rat als Richterin gefragt. Denn das Essen im "Imbiß zur Säge" kommt einem letzten Abendmahl vor einem Menschenopfer gleich. Die Betreiber tun nichts, um diese Tatsache vor Friedl und Fritzi zu verheimlichen. Die neue Form des Gesellschaftsvertrages: der Selbstmord, offen verhandelbar. Man ist, was man isst, und manchmal isst man eben sich selbst.
Am nächsten Tag, auf der Rückfahrt, ein zweiter Halt. Fritzi und Friedl. Verlogenheiten, die nicht mehr funktionieren, Ziele, die neu definiert werden, Depressionen, die keine sind. Fritzi, wenig irritiert über Friedls Morphisierung in einen riesigen Knödel, geht.

Säkularisierung, gar Aufklärung? Das war einmal. Lakonisch entblößend erzählt Streeruwitz darüber, wie nah sich Archaik und Postmoderne, religiöse Riten und Beziehungsstress wieder sind.