Sebastian Barry

Die Madonna von Sligo
(Our Lady of Sligo)
Deutsch von Martin Michael Driessen
4 D, 2 H, 1 Dek
UA: 26.03.1998 · The Oxford Playhouse (Ko-Produktion des Royal National Theatre mit Out of Joint) · Regie: Max Stafford-Clark
frei zur DSE
Mai liegt in einem irischen Krankenhaus. Sie ist 53 und das "Wrack einer schönen Frau". Mai, vom Krebs zerfressen, wird sterben. Im Morphiumrausch erscheint ihr "Daddah" und läßt noch einmal ihre angeblich glückliche Kindheit auferstehen. Das Morphium macht sie aber auch ungerecht und unleidlich: gegenüber ihrem Mann Jack, ihrer Tochter Sloane und gegen das Leben. Das Leben allerdings hat keinem der dreien Glück gebracht. Sligo, ihr Heimatort, ist das Symbol dafür: So, wie der Ort durch den Fluss verschlammt wurde, versackte auch die Familie in einem Sumpf aus Langeweile, Unverständnis und Provinzialität. In Selbstgesprächen erinnern sich Mai, Jack und Sloane an die einzelnen Stationen der Trostlosigkeit. Mai, behütet aufgewachsen, heiratete Jack aus Verzweiflung, nachdem ihr angebeteter Vater gestorben war. Die Heirat war eine hilflose Trotzreaktion - und ein großer Irrtum. Geprägt von großbürgerlichem Snobismus, fühlte sie sich schon von seiner proletarischen Herkunft abgestoßen. Er flüchtete sich in Reisen, beide flüchteten sich in den Alkoholismus. Durch die Trinkerei verloren sie ihr Elternhaus und ihren Sohn und stürzten immer tiefer hinab. Ihre Tochter Sloane musste miterleben, wie sich Mai und Jack mit Vorwürfen gegenseitig zerfleischten. Jack ist es schließlich, der durch das Aufwühlen der Erinnerungen zu einer Erkenntnis kommt, die versöhnlich sein könnte: beide sind gleich schuldig an den Ereignissen.

Die Madonna von Sligo ist eine recht genaue und aufwühlende Erkundung dessen, was es mit Alkoholismus auf sich hat: es ist eine Krankheit, die die ganze Familie betrifft.