Clemens, der Sohn des Küsters Wirg, ist ertrunken, das Begräbnis kann jedoch noch nicht angesetzt werden, da dessen Leiche fehlt. Doch das Seelenamt könnte man schon halten. So will's der Dechant, so wollen es die Geschwister, darauf dringen die Freunde.
Nur der Vater will nicht dulden, dass das Totenamt gelesen wird. Er ist wie besessen von Verzweiflung, denn er weiß, dass es für Clemens keine Hoffnung auf ewige Seligkeit gibt, dass er der Hölle verfallen ist. Clemens war vom Glauben abgefallen, hatte noch am Ostermorgen, nach der Kommunion, die Hostie vor der Kirche ausgespuckt und zertreten. Die Kirche darf in einem solchen Fall weder Begräbnis noch Seelenamt gewähren. Was sollte auch ein Seelenamt nützen, wenn die Seele längst zur Hölle gefahren ist? Das wäre bloße Zeremonie, abscheuliche Beleidigung Gottes. Das wird der Küster nicht dulden.
So kommt es zu diesem seltsamen Kampf mit vertauschten Rollen. Der Vertreter der Kirche will das Seelenamt gewähren, der eigene Vater will es mit allen Mitteln verhindern, wodurch er sich schließlich eine Entlassung aus der Kirche einhandelt.
Da taucht Clemens wieder auf. Keineswegs tot, inszenierte er das Badeunglück nur um ungestört durchbrennen zu können. Aber als der Dechant ihm Vorhaltungen machen will, schlägt die Wut Clemens' gegen den Vater in Zorn gegen die Kirche um: "Wer hat meinen Vater mit Geboten tyrannisiert. Sein Leben lang hat er unter dem Terror der Religion gestanden. Zuerst habt ihr ihn mit Dogmen abgerichtet, und dann habt ihr ihn für seinen Gehorsam bestraft." In seiner Wut erwürgt Clemens den Dechanten. Nun ist eine Leiche da, nun kann das Requiem gehalten werden - ein Requiem für die Kirche selbst.
Joseph Breitbach
Requiem für die Kirche
Zeitgenössisches Melodrama in 8 Bildern
1 D, 9 H, 1 Dek
UA: 18.10.1971 · Städtische Bühnen, Augsburg · Regie: Dieter Braun