Albert Ostermaier

Stahltier
Ein Exorzismus in memoriam Willy Zielke
Auftragsarbeit für das Théâtre National du Luxembourg
1 D, 1 H
UA: Théâtre National du Luxembourg · Regie: Frank Hoffmann
Willy Zielke ist in den 1920er Jahren ein junger, aufstrebender Regisseur und Pionierfotograf. Nach seinem ersten Film “Stahltier” wird er von Leni Riefenstahl und dem Nazi-Regime für ihre Olympia-Filme rekrutiert und benutzt. Riefenstahl macht sich seine Kunst zu eigen. Als er ihr zu gefährlich für ihre Karriere wird, lässt sie ihn wegsperren in die Psychiatrie, wo er als schizophren diagnostiziert und zwangssterilisiert wird. Fünf Jahre später holt sie ihn zurück aus der Anstalt, denn sie braucht ihn für ihren Film “Tiefland”. Später wird sie aussagen, nicht an der Einweisung Zielkes beteiligt gewesen zu sein, und mehr noch: nichts von der späteren Ermordung der Menschen gewusst zu haben, die sie als Komparsen für ihren Film aus den Lagern geholt hat.
Willy Zielke will Leni Riefenstahl aus sich rausschneiden. Sie ist die Frau, die sich ihn einverleibt hat, die ihn ausgesaugt und sich seine Kunst zu eigen gemacht hat. In einem Exorzismus-Ritual beschwört er noch einmal die Bilder herauf, die zeigen, wie Riefenstahl zusammen mit Goebbels ihren perfiden Plan geschmiedet hat.
Im Filmvorführraum im Reichspropagandaministerium schauen Leni Riefenstahl und Josef Goebbels sich “Das Stahltier” an, Zielkes düsteres, expressionistisch-avantgardistisches Meisterwerk, das Goebbels eigentlich verboten hat. Während der Film läuft, läuft der wahre Film zwischen den beiden ab, das Böse in Nahaufnahme, ein Close-up auf die Mechanismen der Macht.
In teils alptraumhaften Sequenzen führt uns Schnitt von Goebbels‘ Heimkino aufs Filmset und in den blutigen OP Saal und macht uns zum Zeugen von Zielkes innerer Rekapitulation der grausamen Geschichte um die Zerstörung seines Körpers und seines Werkes.
Übersetzt in: English