© Florian Thoss 2023

Leo Lorena Wyss

Leo Lorena Wyss studiert nach einem Studium der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim und Madrid derzeit Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Als Autor*in arbeitet Wyss in unterschiedlichen Kollektiven und ist neben dem Schreiben in der politischen Bildungsarbeit tätig.

Wyss' Arbeiten erhielten diverse Preise und Stipendien. Zuletzt erhielt Leo Lorena Wyss für das Stück Blaupause den Autor*innenpreis des 40. Heidelberger Stückemarkts sowie den Retzhofer Dramapreis 2023 und den Nestroy in der Kategorie „Bester Nachwuchs“ für das Stück Muttertier. In der Spielzeit 2024/2025 ist Wyss Hausautor*in am Nationaltheater Mannheim.

Leo Lorena Wyss studiert nach einem Studium der Kulturwissenschaften und ästhetischen Praxis in Hildesheim und Madrid derzeit Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Als Autor*in arbeitet Wyss in unterschiedlichen Kollektiven und ist neben dem Schreiben in der politischen Bildungsarbeit tätig.

Wyss' Arbeiten erhielten diverse Preise und Stipendien. Zuletzt erhielt Leo Lorena Wyss für das Stück Blaupause den Autor*innenpreis des 40. Heidelberger Stückemarkts sowie den Retzhofer Dramapreis 2023 und den Nestroy in der Kategorie „Bester Nachwuchs“ für das Stück Muttertier. In der Spielzeit 2024/2025 ist Wyss Hausautor*in am Nationaltheater Mannheim.

Auszeichnungen

  • 2024

    Nestroy-Preis in der Kategorie "Bester Nachwuchs“

  • 2023

    Dramatiker:innenstipendium der Österreichischen Bundesregierung

  • 2023

    Retzhofer Dramapreis

  • 2023

    Autor:innenpreis des 40. Heidelberger Stückemarkts 2023

  • 2022

    Startstipendium Literatur der Stadt Wien

  • 2022

    Literar-Mechana Dramatiker:innen-Stipendium

  • 2022

    Nominierung für den Hans-Gratzer-Preis am Schauspielhaus Wien

  • 2021

    Einladung zum Treffen junger Autor:innen am Schauspiel Leipzig

Theater
Leo Lorena Wyss

Apropos Schmerz (Denken Sie an etwas Schönes)

4 Darsteller:innen

Anna Blume hat Schmerzen. Chronisch. Teilweise so schlimm, dass sie in Ohnmacht fällt. Die Ärztin, die aussieht wie aus der kinder Pinguí Werbung, rät: bisschen Wärme, bisschen joggen, bisschen Yoga. Vielleicht auch einfach mal Mönchspfeffer? Anna weiß nicht, was sie sagen soll. Die Praxisassistenz in rosa Fleece und weißen Crocs hält ihr die Tür auf. Wer ist als nächstes dran?

Auf der Suche nach Ärzt*innen, die ihren Schmerz ernst nehmen, folgen wir Anna Blume auf ihrer Odyssee durch die von bürokratischen Absurditäten, Vorurteilen, Zuschreibungen und neoliberalen Selbstoptimierungsimperativen geprägten Praxisräume und Wartezimmer. Während Anna von einem Psychiater im Hawaiihemd dann doch lieber mal vorsichtshalber Antidepressiva verschrieben bekommt, macht Pamela Reif gemeinsam mit Prinzessin Victoria im Wartezimmer vor, wie der gesunde Körper im Einklang mit patriarchalem Erwartungsdruck schwingen kann. Der müde Chor der auf orangenen Plastiksesseln wartenden Frauen löst derweil das nächste Kreuzworträtsel. Ausruf des Schmerzes, waagerecht, drei Buchstaben? Anna wird immer verzweifelter. Je länger die Suche nach einer Behandlungsmöglichkeit und einer Erklärung für die Schmerzen dauert, desto mehr stellt sie ihre eigene Wahrnehmung infrage. Auch ihre Beziehung zu Robyn leidet zunehmend unter den Folgen der Situation. Aus Mangel an Alternativen macht Anna trotzdem weiter, geht von Praxis zu Praxis, erzählt immer wieder von vorne. So lange, bis sie unter der zunehmend auch psychischen Belastung zu zerbrechen droht.

Mit scharf sezierender Komik beleuchtet Leo Lorena Wyss in Apropos Schmerz (Denken Sie an etwas Schönes) Abgründe, die sich im Kontext von chronischer Krankheit in einem patriarchalen, zweigeschlechtlichen Gesundheitssystem auftun, und hinterfragt dabei die fehlende Verschränkung von Medizin, Gender und Queerness. Warum wird der Schmerz von weiblich gelesenen Person noch immer so häufig psychosomatisch erklärt? Wie äußern sich heterosexuelle und cis-männliche Normen in Forschung und Behandlung? Und: Wie wirkt sich diese Missachtung auf den Alltag und die psychische Gesundheit von Betroffenen aus – hier ganz konkret im Falle von Endometriose? Apropos Schmerz (Denken Sie an etwas Schönes) ist auf der Suche nach einer Antwort auf diese Fragen sowie nach einer Sprache für den Schmerz, der sich doch eigentlich so sehr den Worten entzieht.

Theater
Leo Lorena Wyss

Muttertier

3 Darsteller:innen

**Ausgezeichnet mit dem Retzhofer Dramapreis 2023 unter dem Titel wie von mutterhand **

Ganz kurz nur der Moment, in dem das Leben nach wilder Freude schmeckt. Und schon wieder weg, die Mutter. Verschwunden im Schlafzimmer. Die Kinder essen währenddessen Fischstäbchen und saugen sich voll mit Titanic, saugen jedes Wort, jedes Glück und auch die Katastrophe in sich auf, saugen sich voll mit Rose, die so schön rothaarig wie die Mutter, saugen und spielen und fürchten doch insgeheim, Eisberge zu sein, an denen die Mutter zu zerschellen droht.

Leo Lorena Wyss beschreibt mit großer Sensibilität, wie unterschiedlich Kinder mit der psychischen Erkrankung ihrer Mutter umgehen. Während der große Eisberg die Mutterrolle übernimmt und der mittlere im stummen Wüten sich selbst verletzt, geht der kleinste Eisberg emotional auf Distanz: Die Mutter hinter der Tür wird zum schnaufenden Muttertier. Mit zärtlicher Wucht und poetischer Präzision wird in diesem Stück aufgefächert, wie die Geschwister spielend dem schwierigen Alltag entfliehen und sich gleichzeitig auf einen drohenden Untergang vorbereiten. Kein Moment so schön wie der, in dem die Mutter mitspielt: Mit ausgebreiteten Armen am Bug stehend, den Wind im Gesicht und die Gischt, und über ihnen der pinke Himmel mit seinem ach so flüchtigen Versprechen eines Happy Ends.

„Dass dieser Stahlkoloss von einem Thema nicht sofort sinkt, obwohl schon von allen Seiten das Wasser eindringt, liegt daran, dass das Stück trotz dieser Schwere eine leichtfüßige Form findet. Verspielt wie die Kinder, die die prekäre Situation in ihre Filmwelt überführen, schafft es das Stück, uns durch geschickte Verschachtelungen, kaleidoskopische Perspektivik und sprachspielerischen Witz aus der Betroffenheitsfalle zu locken.“ (Ferdinand Schmalz, Laudatio Retzhofer Dramapreis 2023)

Aufführungsarchiv

Digitales Textbuch