Theater

Gesine Danckwart

Wunderland

Im Wunderland sind sie alle zu Hause: die Armen, die Karrieristen, die Jungen, die Mütter, die Arbeitslosen - Danckwartsche Stadtfiguren. Schwerelos tauchen sie immer wieder aus diesem literarischen Mosaik des urbanen Neben-, Gegen- und Miteinanders auf. Das feinsinnige Abbild einer grausamen, aber auch vielversprechenden Großstadtrealität.

Dass dies alles so wunderbar leicht und komisch voll beschwingter Melancholie sei, habe damit zu tun, dass Gesine Danckwart nicht bloß eine gnadenlos liebevolle Menschenbeobachterin sei, sondern auch eine Sprachveredlerin, schrieb Die Rheinpfalz über die Uraufführungsinszenierung von Cilli Drexel, die 2013 zu den Autorentheatertagen ans Deutsche Theater in Berlin eingeladen wurde.

Wunderland ist als Auftragswerk für die Frankfurter Positionen entstanden, die 2013 unter dem Motto »An der Grenze – Über die Zukunft der Moderne« stehen und »Ausprägungen spezifisch moderner Grenzverschiebungen unserer westlichen Zivilisation in einem Treibhausklima beschleunigter Dynamik näher beleuchten.

Ein Auftragswerk für die Frankfurter Positionen 2013 - eine Initiative der BHF-BANK-Stiftung

Idealerweise für eine Besetzung von fünf Schauspielern/Schauspielerinnen. Mindestens. Gerne ein Alterspanorama bis über siebzig

UA: 25.01.2013 · Nationaltheater Mannheim · Regie: Cilli Drexel

Aufführungsarchiv

25
Januar 2013
Gesine Danckwart

Wunderland

Theater
UA
Regie Cilli Drexel
Theater Nationaltheater Mannheim, Mannheim
07
Februar 2013
Gesine Danckwart

Wunderland

Theater
UA
Regie Cilli Drexel
Theater BHF Bank Stiftung, Frankfurt
28
März 2015
Gesine Danckwart

Wunderland

Theater
Regie Yves Hinrichs
Theater Schauspiel Leipzig, Leipzig

Weitere Stücke

Alle Stücke
Theater
Gesine Danckwart

Und morgen steh ich auf.

2 D, 3 H

Darf ich Sie bitte? Darf ich nicht Sie bitte, bitte? Bitte, ich, ich mach Sie doch, ich mach sie doch. Darf ich sie nicht ein bißchen bißchen glücklich. Ich mach sie doch glücklich. Dich.

Ich habe dieses Gesicht gesehen, dieses weiße Angstgesicht, das nichts anders sein soll. Es ist gefährlich. Dieses kleine etwas etwas mehr an Risiko muß ich mir weiter leisten, und das wo doch der Absturz. Ich halte mich, klammere mich. Ich will nicht rutschen, verrutschen. Ich muß aufpassen. Knochenglas. Mich geschmeidig halten durch Neuerfindung meiner selbst. Ständig. Gegen einen Abgrund. Bücken und strecken. Drinnen ein Monster. Ab wann ist da dieses Monster. Sich festhalten, kleben an den Dingen. Wo bitte bin ich. Wann.

"Die Figuren, Sprach- und Textmaschinen, die sich dem Dauerstrom der Motivationsanglizismen ebenso ausgesetzt sehen wie einer Verarmung an Sprache, befinden sich in keinem geschlossenen Handlungs- und Ordnungssystem. Die Dekonstruktion einer begreifbaren Ordnung läßt sich nicht über eine dramatische Handlung wiedergeben. Eher eine Zusammengesetztheit von Figuren, Ortlosigkeit, Flachheit, dazwischen Bruchstücke von Individuen mit einer Geschichte, eigenen Emotionen. Der schlagartige Wechsel vom Produzenten zum Konsumenten, der sein eigener Produzent ist, die Bürgerspflicht auch noch der eigene Absatzmarkt zu sein und Genießer der Struktur, die ihn ausbeutet.
Nach wessen Rhythmus arbeite ich hier eigentlich? Morgen steh ich auf. Was." (Gesine Danckwart)

Theater
Gesine Danckwart

Auto

Sie nennen Ihr Stück Auto- welche Bedeutungen des Auto interessieren Sie dabei?
Die Bedeutungen, die das Auto hat, sind immens …, mindestens jeder siebte Arbeitsplatz hängt daran, technologische Entwicklungen, hoffentlich Fortschritt, ökologische Fragen, schließlich unser Mobilitätskonzept. Das Auto bestimmt als Transportmittel an sich ganz grundsätzlich unser Leben: wo wir leben, wie wir arbeiten, wie wir unsere Freizeit verbringen und damit letztendlich unser Denken - ... Das Auto ist das Symbol einer modernen Gesellschaft: Selbstmobil.
Und dann ist dieses technisch hochkomplexe Teil auch noch ein sehr emotionales Objekt. Fast jeder verknüpft damit intensive Erfahrungen und Erinnerungen. … Entlang des Auto lassen sich Geschichten und Geschichte erzählen. …
Theater und Auto gehören zunächst einmal sehr unterschiedlichen Sphären an. Wie bringen Sie die zusammen?
… man auch ja das Theater als einen Produktionsort betrachten, an dem etwas gefertigt wird, wo Maschinen, Techniker und Kreative an einem gemeinsamen Produkt arbeiten, das dann verkauft werden muss. Und wir haben beim Auto, beim Prozess des Verkaufens und Kaufens sehr theatrale Momente entdeckt. … Das wird besonders deutlich, … in den Autowelten … da gibt es inszenierte Markentempel, und der Kunde bekommt seinen Neuwagen auf einer Drehbühne präsentiert, während seine Lieblingsmusik läuft - und andere dabei zuschauen. Theater also.
Gerade hat sich wieder einmal gezeigt, wie sehr Wohl und Wehe der Deutschen … von diesem Produkt Auto abhängt. Interessiert Sie das Auto auch als Anzeichen von Wohlstand und Prestige?
Auto ist und war immer ein Statussymbol. Ganz sicher. … Das Auto ist ein soziales Modul, Identitäten hängen an den Marken, ich bin was ich fahre – oder auch nicht ... Berliner Zeitung

Theater
Gesine Danckwart

Goldveedelsaga

2 D, 4 H

Begleiten Sie uns mit unserem Propagandameteor auf eine kurze weite Reise in die Heimat: die theatral-filmische Bespielung eines ganz gewöhnlich ungewöhnlichen Kölner Platzes: Krefelder Straße, Kreuzung Aquino- und Balthasarstraße. Ein Platz wie ein extra gebauter Spielort, und dabei zu unbedeutend für einen eigenen Namen. Eine Lücke, Leere, Öffnung der etwas öden Häuserfront, die sich erst auf den zweiten Blick als Platz erkennbar zeigt. Fünfziger Jahre Eckhäuser – typischer Kölner Kulissenbau. Zwei Gaststätten, ein Döner »Balthasar«. Ein Kiosk zum Überleben für alles, was man kurzfristig brauchen kann und die Kirche St. Gertrud für die Langfristigkeiten. Von oben, schauen Sie mal in Google Maps nach, sieht die Kirche aus wie ein Blitz. Für diese Realkulisse wird ein 3D-Stück entwickelt. Weltentdeckung im Alltagsdetail.
Die Zuschauer flanieren über und durch die Platzgeschichten, durch die Gebrauchsorte, die Kirche. Hören Sie? Im Hinterobergrund? Der Obertonchor probt hier seit einer halben Ewigkeit. Wir werden diesen Platz bespielen. Mit Schauspielern. Anwohnern. Mit Ihnen. Zuschauern in Bewegung. Mit unseren Protagonisten. Wer lebt hier? Wie? Glauben Sie? Wenn Sie morgen zur nächsten Mars-Expedition aufbrechen müssten, was würden Sie in den Weltraum mitnehmen – was bleibt?
Im Zentrum der Meteor. Ein Theatermobilwundergerät. Propagandarobur und Multiflex-Schauspielhaus in einem. Das Recherchemobil und Spiegelkabinett, aus dem heraus wir das Platzradio senden. Aufgekrant zum finalen Showdown.
(Schauspiel Köln)

Digitales Textbuch