Caren Jeß

Ave Joost
Auftragsarbeit für das Staatstheater Nürnberg
1 D, 3 H
UA: 14.03.2024 · Staatstheater Nürnberg · Regie: Branko Janack
In einer alten Molkereiruine schießen drei Männer JUST FOR FUN. Mit Schnaps und selbstgebauter Schießfigur. Marcus ist Bastls Vater und hat gerne alles im Griff. Auch den Bastl, weil der sonst falsche Entscheidungen trifft. Und den Joost, weil der so eine richtig verkrachte Existenz auf Speed ist. Da passt das mit dem Schießen ganz gut. Weil´s da klare Regeln braucht. Blöd nur, dass Malin auch gerne durch die Ruine streunt. Sie ist ca. 14 und steht auf lost places, da kommen ihr die schrägsten Ideen für Fantasystories. Joost soll sie vertreiben. Vergeblich. Malin begegnet ihm völlig furchtlos. Und noch mehr. Mit ihrer überdrehten Ernsthaftigkeit legt sie bei Joost eine unerwartete Sanftheit frei.

Auf dem Nährboden schießender Männergespräche lässt Caren Jeß eine sonderbare Freundschaft wuchern, die so brüchig wie flüchtig ist. Als Markus und Bastl herausfinden, dass Joost Malin gar nicht verjagt hat, werden sie misstrauisch. Jemandem wie Joost ist kaum zu trauen, dass sein Interesse rein platonisch ist. Das scheint - für diesen Moment - nicht fair, weil sich das Glück dieser bizarren Begegnung wie ein Sonnenstrahl in das Gestrüpp der ungewaschenen Haare flicht. Glaube, Liebe, Hoffnung. Kurz blitzt auf, was für ein Mensch Joost hätte werden können, wenn sein Leben nicht komplett schief gelaufen wäre.

"Die rechte, die linke, die mittige Strähne. Dein Haar in meinen Händen. Die rechte, die linke, die mittige Strähne. Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, spür, wie sie ineinander gleiten, Glaube, Liebe, Hoffnung, diese drei, wo waren sie so lange? Wo wart ihr bloß, was habt ihr denn die ganze Zeit gemacht? Glaube, Liebe, Hoffnung, sagt, wo wart ihr?"

Journal

Caren Jeß

Wo ist Trost? – AVE JOOST von Caren Jeß am Staatstheater Nürnberg

19.03.2024
AVE JOOST von Caren Jeß ist eine Liebeserklärung. An einen verwahrlosten Mann, der für kurze Momente eine Form von Glück erfährt, die Speed, Fentanyl und elektronisch wummernder Hardcore fast schon unmöglich gemacht haben. Er begegnet der blutjungen Malin. Wie selbstverständlich flicht sie ihn mit in ihre Fantasiewelt ein. Irgendwann lässt ... mehr

Kritiken

Ave Joost

Theater heute, Mai 2024

Vermutlich - vermutlich! - ist Caren Jeß die E.T.A. Hoffmann des 21. Jahrhunderts: schauerromantische Gesellschaftsanalytikerin in den fantastischen Hallräumen und Erzählschlaufen der Gegenwart. Dabei mit viel originellem Humor: Dem Nürnberger Staatstheater, das ein Auftragswerk zum Thema Klassismus wollte, hat sie "Ave Joost" geschenkt. Nimm das! (Franz Wille)

Süddeutsche Zeitung, 16.3.2024

Die 39-Jährige, geboren in Eckernförde an der Ostsee, ist eine versierte Sprachkünstlerin, ja,wirklich eine Sprachkomponistin, hochmusikalisch, formbewusst und dabei sehr klug, komisch und originell. (Christine Dössel)

Nürnberger Nachrichten, 15.3.2024

Und doch kommt es zwischen Malin und Joost zu einer unendlich zarten, fast unausgesprochenen Liebesbeziehung, deren Unmöglichkeit freilich über der Szene schwebt wie ein Felsbrocken, der gleich runterknallen und alle Hoffnung unter sich begraben wird. (Bernd Noack)