Emre Akal

Wood Wide Web
Beobachtungsskizzen einer Parallelwelt
ad libitum
frei zur UA
Tief unten, wo die Böden noch nicht ausgelaugt und versauert sind. Dort im Untergrund befindet sich der Mykorrhiza-Highway - das Wood Wide Web -, auf dem sich Pilzgeflechte und Pflanzenwurzeln verbinden. Wo ein Flüstern und ein Rauschen durch das Wurzelwerk dringt. Dort, wo nicht nur Symbiosen, sondern auch Allianzen entstehen. Hier werden Informationen über die ahnungslosen Menschen gesammelt, verarbeitet und weitergeleitet. Von Pilz zu Pilz. Von Wald zu Wald. Vom Perlacher Forst bis Äquatorialguinea. Überall sind sie Zeugen menschlicher Schicksale: Ob nun der leise Zerfall einer Kleinfamilie in der Vorstadt oder das letzte große Hadern eines alten Mannes auf einer ägäischen Insel. Die Pflanzen und Pilze sind connected und kommentieren das Geschehen. Die Geburt des ersten Menschen, Kriege, Tote - das Wood Wide Web hielt stand. Doch Bäume, die Sträucher, die Pilze ächzen vor Anstrengung. Denn der Ruß der Jahrtausende haftet am Blattwerk, durchdringt Wurzeln und Myzelien. Das System wirft Anomalien auf. Plötzlich ist gar nicht so klar, ob es überhaupt noch ein analoges Leben im Digitalen gibt… oder ob sich nicht schon längst ein digitales Wurzelwerk eingegraben hat.

In Wood Wide Web thematisiert Emre Akal die Kommunikationsprozesse zwischen Mensch und Natur. Ein Stück über das Gefühl der Entfremdung im 21. Jahrhundert - sowohl von der Natur als auch von sich selbst. Dabei skizziert er keineswegs ein verheerendes Endzeit-Szenario, sondern zeigt eindringlich auf, wie feingliedrig unsere Beziehung zu anderen Organismen ist, mit denen wir viel mehr gemeinsam haben, als man denken könnte - der unbedingte Wille zum Überleben. Wood Wide Web ist eine Weiterführung seines Stück Hotel Pink Lulu, in dem Akal die digitale Migration des Menschen in virtuelle Welten thematisiert. Eine weitere Erinnerung an die Gegenwart.