Martin Michael Driessen

Martin Michael Driessen, geb. 1954 in Bloemendaal/Niederlande. 1980-2010 Theater- und Opernregisseur an vielen deutschen Staats-
und Stadtheatern, weitere Produktionen in den Niederlanden.
Ab 1996 Theaterübersetzungen aus dem Englischen für den S. Fischer Verlag, z.B. John Millington Synge, Sebastian Barry
Lebt seit 2006 als Schriftsteller und Übersetzer auf einem Hausboot in Holland.
Übersetzt vor allem deutsche Autoren ins Niederländische.
Veröffentlicht seit 1999 als Schriftsteller; seine Romane und Novellen wurden in viele Sprachen übersetzt und mehrfach preisgekrönt.
Sein neuester Roman Liefde in het Derde Rijk erschien im Juni 2025.

Martin Michael Driessen, geb. 1954 in Bloemendaal/Niederlande. 1980-2010 Theater- und Opernregisseur an vielen deutschen Staats-
und Stadtheatern, weitere Produktionen in den Niederlanden.
Ab 1996 Theaterübersetzungen aus dem Englischen für den S. Fischer Verlag, z.B. John Millington Synge, Sebastian Barry
Lebt seit 2006 als Schriftsteller und Übersetzer auf einem Hausboot in Holland.
Übersetzt vor allem deutsche Autoren ins Niederländische.
Veröffentlicht seit 1999 als Schriftsteller; seine Romane und Novellen wurden in viele Sprachen übersetzt und mehrfach preisgekrönt.
Sein neuester Roman Liefde in het Derde Rijk erschien im Juni 2025.

Theater
John Millington Synge

Der Ritt zum Meer

Deutsch von Martin Michael Driessen
3 D, 1 H, St, 1 Dek

"Das Drama kreist um ein einziges Ereignis: den Tod Bartleys, der im Meer ertrinkt, als er mit einem Schiff zum Pferdemarkt nach Connemara übersetzen will. Bartleys Mutter Maurya hat bereits früher ihren Mann und fünf ihrer sieben Söhne an die See verloren: der vorletzte, Michael, wird seit Tagen vermisst, und die Gewissheit über sein Ende erhält die Mutter im Verlauf der Handlung durch die Entdeckung angeschwemmter Kleidungsstücke. In einer Vision sieht Maurya, wie der Tote auf einem grauen Fohlen seinem letzten Bruder Bartley, der Michaels rote Stute zum Meer reitet, nachjagt, um ihn sich zu holen - ein Motiv der irischen Folklore, das den Toten Rachsucht gegenüber den Lebenden zuschreibt. Aber nicht nur Maurya hat Vorahnungen über das Verhängnis, auch Bartley selbst scheint sich bereits gezeichnet zu fühlen; trotzdem weigert er sich, auf die Schiffsreise zu verzichten, und wird von dem Fohlen über die Klippen gestoßen.
Indem Synge Bartley und Maurya zu archetypischen Figuren stilisiert, verleiht er dem Drama mythische Dimensionen. Maurya wird als eine Art Menschheitsmutter, das Meer als Symbol des Todes gezeichnet. In Maurays Klage, die aller privaten Details entkleidet ist, drückt sich das Leid, aber auch der ohnmächtige Zorn der Menschheit aus, die sich gnadenlos dem Tod ausgeliefert fühlt. In der resignierten Erkenntnis, dass die See jetzt nichts mehr von ihr zu fordern hat, findet Maurya schließlich einen gewissen Trost, den sie auch ihren Töchtern Cathleen und Nora mitzuteilen versucht. Vor dem überwältigenden Schmerz über Bartleys Tod schirmt sie sich und die beiden Mädchen ab, indem sie sich ganz dem Ritus der Bestattung und damit dem Bewusstsein, dass das Leben weitergehen wird, hingibt.
Das Stück... zählt zu den besten einaktigen Tragödien der Weltliteratur." (Kindlers Neues Literatur Lexikon)

DSE Frei
Theater
Sebastian Barry

Die Madonna von Sligo

Deutsch von Martin Michael Driessen
4 D, 2 H, 1 Dek

Mai liegt in einem irischen Krankenhaus. Sie ist 53 und das "Wrack einer schönen Frau". Mai, vom Krebs zerfressen, wird sterben. Im Morphiumrausch erscheint ihr "Daddah" und läßt noch einmal ihre angeblich glückliche Kindheit auferstehen. Das Morphium macht sie aber auch ungerecht und unleidlich: gegenüber ihrem Mann Jack, ihrer Tochter Sloane und gegen das Leben. Das Leben allerdings hat keinem der dreien Glück gebracht. Sligo, ihr Heimatort, ist das Symbol dafür: So, wie der Ort durch den Fluss verschlammt wurde, versackte auch die Familie in einem Sumpf aus Langeweile, Unverständnis und Provinzialität. In Selbstgesprächen erinnern sich Mai, Jack und Sloane an die einzelnen Stationen der Trostlosigkeit. Mai, behütet aufgewachsen, heiratete Jack aus Verzweiflung, nachdem ihr angebeteter Vater gestorben war. Die Heirat war eine hilflose Trotzreaktion - und ein großer Irrtum. Geprägt von großbürgerlichem Snobismus, fühlte sie sich schon von seiner proletarischen Herkunft abgestoßen. Er flüchtete sich in Reisen, beide flüchteten sich in den Alkoholismus. Durch die Trinkerei verloren sie ihr Elternhaus und ihren Sohn und stürzten immer tiefer hinab. Ihre Tochter Sloane musste miterleben, wie sich Mai und Jack mit Vorwürfen gegenseitig zerfleischten. Jack ist es schließlich, der durch das Aufwühlen der Erinnerungen zu einer Erkenntnis kommt, die versöhnlich sein könnte: beide sind gleich schuldig an den Ereignissen.

Die Madonna von Sligo ist eine recht genaue und aufwühlende Erkundung dessen, was es mit Alkoholismus auf sich hat: es ist eine Krankheit, die die ganze Familie betrifft.


Theater
John Millington Synge

Die Pennerhochzeit

Deutsch von Martin Michael Driessen
2 D, 2 H, 1 Dek

"Das Geschehen wird durch Sarah Casey in Gang gesetzt, die seit Jahren mit dem Kesselflicker Michael Byrne von Markt zu Markt zieht und ihm bereits mehrere Kinder geboren hat. (Sie) will plötzlich kirchlich getraut werden, ein Ansinnen, das bei Michael und seiner Mutter Mary auf völliges Unverständnis stößt. Daß Sarahs Argument, sie wolle von den "anständigen" Leuten nicht länger scheel angesehen werden, nur ein Vorwand ist (in Wirklichkeit geht es ihr darum, Byrnes auch im Alter sicher zu sein), merkt sogar der Priester, den Michael nur aufsucht, weil Sarah ihm mit einem Rivalen gedroht hat. Die Gebühr, die der Priester verlangt, kann und will der Kesselflicker aber nicht voll bezahlen, und nach längerem Feilschen erklärt sich der Geistliche schließlich bereit, die Trauung für weniger Geld vorzunehmen, falls man ihm eine bestimmte Zinnkanne überlasse. Das Ehesakrament hat also für beide Seiten einen rein finanziellen Wert, der kühl abgeschätzt wird. Nachts, als Sarah und Michael sich zum Hühnerstehlen fortgeschlichen haben, nimmt die alte, stets durstige Mary die Kanne aus der Verpackung, ersetzt sie durch einige leere Flaschen und tauscht sie beim Wirt gegen Bier ein. Als der Priester am Morgen den Betrug bemerkt und die Polizei rufen will, kommt es zu einem Handgemenge, bei dem er gefesselt, mit Ersäufen im Sumpf bedroht und erst freigelassen wird, als er den Kesselflickern geschworen hat, nichts gegen sie zu unternehmen. Der Möglichkeit beraubt, sie dem weltlichen Gesetz auszuliefern, rächt er sich so, wie es ihm sein geistliches Amt erlaubt: Auf lateinisch verflucht er die rasch die Flucht ergreifenden Kesselflicker." (Kindlers Neues Literatur Lexikon)

DSE Frei
Theater
Sebastian Barry

Die einzig wahre Lebensgeschichte der Lizzie Finn

Deutsch von Martin Michael Driessen
4 D, 4 H, St, Verwandlungsdek

"Wer singt, der zeigt seine Seele." Den Wahlspruch ihres Vaters, einem mittellosen irischen Bänkelsänger, hält Lizzie durch ihr Wanderleben als Künstlerin in Ehren. Als Can Can-Tänzerin ist sie, gemeinsam mit ihrer Freundin Jelly, die Hauptattraktion in den englischen Seebädern. Aber sie sehnt sich nach Irland zurück.
Auch Robert ist Ire, auch er fühlt sich heimatlos. Er hat im Krieg seine Brüder begraben müssen. Traumatisiert irrt er durch England. Er strandet bei Lizzie, beide lernen sich lieben, heiraten und gehen gemeinsam nach Hause.
In Irland stoßen sie auf eine snobistische Gesellschaft, die starr und zwanghaft an den "guten alten Zeiten" festhält, allen voran Lucinda, Roberts Mutter. Lizzie mit ihrer aufgeschlossenen und selbständigen Art ist ein Fremdkörper. Auf einem Ball bemüht sich die Gesellschaft zunächst, ihr Ressentiment gegenüber der Varieté-Künstlerin nicht zu deutlich zu zeigen. Aber die Freundlichkeit ist durchschaubar aufgesetzt. Sie kippt vollends, als Robert preisgibt, dass keiner seiner Brüder ruhmreich gestorben ist. Das Paar wird des Hauses verwiesen. Selbst Lucinda muss die Unerbittlichkeit, mit der die Gesellschaft sich gegen alles stellt, was ihre Grundfeste erschüttert, erfahren. Für sie kommt die Ablehnung einem Todesurteil gleich. Lizzie und Robert, ernüchtert ob so viel Bigotterie, nehmen ihr Wanderleben wieder auf. Die Music Halls mit ihrer Welt aus Schein versprechen mehr Ehrlichkeit.

Barry schreibt in atmosphärisch dichten Szenen nicht mehr und nicht weniger als den Abgesang auf ein zu Ende gehendes Jahrhundert.

DSE Frei
Junges Theater
Philip Ridley

Krindelkrax

Deutsch von Martin Michael Driessen
3 D, 9 H, Verwandlungsdek

Ruskin Splinter hat das Zeug zum Helden. Bloß, man sieht es ihm leider nicht an: Er ist klein, dünn, rothaarig, mit extradicken Brillengläsern. Für seine Eltern muss er sich schämen, und Elvis und Sparkey, zwei Jungen aus seiner Straße, lassen ihre Launen an ihm aus. Er würde so gerne den Helden spielen, der den Drachen besiegt in der Theateraufführung der Schule, aber diese Idee findet sogar seine Mutter Wendy lachhaft. "Mal ganz ehrlich, Ruskin, eine rheumatische Maus mit einer Kehlkopfentzündung hätte mehr Chance, die Heldenrolle zu bekommen, als du."
Der Muskelprotz Elvis bekommt die Rolle.
Nur Corky Pigeon, der Hausmeister, glaubt an ihn. Aber Corky stirbt ganz plötzlich und Ruskin ist am Boden zerstört. Vor seinem Tod aber hat er Ruskin noch ein großes Geheimnis anvertraut und ihm von Krindelkrax erzählt, halb Drachen halb Krokodil, der in der Kanalisation der Lizard Street lebt. Die Anzeichen dafür, dass Krindelkrax eine Bedrohung für die Bewohner der Straße ist, nehmen zu: Löcher in der Straße, Risse im Pflaster, Brandflecken an den Mauern von seinem heißen Atem. Ruskin Splinter begreift, es ist für ihn an der Zeit zu handeln. Nun kann er allen seinen ganzen Mut beweisen. Er steigt in die Kanalisation hinab, fordert Krindelkrax zum Kampf heraus und besiegt ihn mit Hilfe von Corkys Goldmedaille, die er ihm in den Schlund wirft. Das Wesen verspricht, die Lizard Street fortan in Ruhe zu lassen.

Theater
Sebastian Barry

Stolz und Ehre der Parnell Street

Deutsch von Martin Michael Driessen
1 D, 1 H

Es war im Fußballweltmeisterschaftsjahr 1990, Irland verlor im Viertelfinale gegen Italien, als sich Joe und Janet das letzte Mal gesehen haben. An diesem Tag zerbrach etwas, an diesem Tag kam Joe nach Hause und verprügelte Janet, die daraufhin die beiden Kinder nahm und für immer wegging. In zwei miteinander verschränkten Monologen erzählt der irische Dramatiker Sebastian Barry die Liebesgeschichte eines Paares aus der Dubliner Unterschicht, das ohne Geld oder geregelte Einkünfte, mit seinen Kindern eine glückliche Ehe führt, bis der älteste Sohn bei einem Unfall ums Leben kommt und einige Jahre später die Gewalttätigkeit von Joe zum endgültigen Bruch der Beziehung führt und ihn alleine zurücklässt.
Ohne Janet und seine Kinder verliert Joe den Boden unter den Füßen, landet im Gefängnis und wird drogensüchtig. Nur die Liebe zu Janet hält ihn am Leben. Auch sie liebt ihn noch immer, ist aber zu stolz, um ihm zu verzeihen. Die Jahre vergehen. Als Janet erfährt, dass Joe schwer erkrankt ist, geht sie los, um ihn zu besuchen.
Barry skizziert auf eindringliche, unsentimentale und humorvolle Weise den Verlauf dieser Beziehung: vom Beginn einer großen Liebe, der Vertrautheit und den Glücksmomenten des Alltags, vom Heranwachsen der Kinder und dem plötzlichen Auseinanderbrechen der Ehe, verbunden mit einer großen, uneingeschränkten Liebeserklärung auch an ihre Stadt Dublin. (Ankündigung des Schauspiels Essen)

Theater
Enda Walsh

The Homefront

Deutsch von Martin Michael Driessen
1 D, 3 H

Die Szene ist eine verwahrloste Sozialwohnung im Londoner Distrikt Walworth, in der der fünfzigjährige Ire Dinny mit seinen erwachsenen Söhnen Blake und Sean in völliger Absonderung lebt.
Am Anfang des Stückes bereiten sich die drei Männer schweigend auf einen Vorgang vor, den sie, wie wir langsam begreifen, seit fast zwei Jahrzehnten zwanghaft wiederholen: die Aufführung eines Stückes, geschrieben, inszeniert und gespielt von Dinny, in dem er die gewaltsamen Umstände, die ihn aus seiner Heimatstadt Cork in die britische Hauptstadt brachten, umdeutet und verherrlicht. Der erste Hinweis, dass die Geschichte, die er konstruiert hat, nicht der Wahrheit entspricht, ist die theatrale Form, die er gewählt hat: eine klassische Farce mit ihren Mitteln der schnellen Kostümwechsel, Verwechslungen und verwirrenden Handlungsstränge. In seiner erfundenen Geschichte ist Dinny ein reicher Hirnchirurg in Cork, der in einen tödlichen Konflikt mit seinem älteren Bruder gerät wegen des Testaments ihrer Mutter. Obwohl wir nie ganz erfahren, was wirklich geschehen ist, stellt sich allmählich heraus, dass er ein Arbeiter war, der seiner Familie gegenüber gewalttätig wurde und aus Angst um sein Leben aus dem Land floh. Auf der realen Ebene des Stückes geht es um Blakes und Seans widerwillige Teilnahme an Dinnys wahnhaftem Theater und die Fluchtmöglichkeit, die in der Form von Hayley bei ihnen auftaucht, der Kassiererin aus dem Supermarkt, die Sean seine Einkaufstüte hinterherträgt.

Oscar Wilde

Vera oder Die Nihilisten

Deutsch von Martin Michael Driessen
1 D, 9 H

Russland im 19. Jahrhundert. Zar Iwan herrscht als Tyrann. Das Volk wird ausgebeutet, jegliche Opposition niedergeschlagen. Veras Bruder Dimitri wird nach Sibirien verschleppt, weil er für die Demokratie kämpft. Vera nimmt seine Stelle bei den "Nihilisten" ein und wird schnell zur Rädelsführerin der Untergrundgruppe. Sie schwört den Eid, nicht zu lieben und nicht zu dulden, selbst geliebt zu werden, sondern sich - einer Jeanne d'Arc gleich - nur dem Auftrag zu verschreiben. In ihrer Gruppe ist auch Alexis, der sich als Zarensohn, zugleich aber als Sympathisant der Demokratie entpuppt. Er schützt die Nihilisten vor einer Entlarvung.
Der Zar und seine Hofschergen - allen voran der zynische Prinz Paul - beschließen ein Kriegsgesetz gegen das eigene Volk. Alexis stemmt sich in einer Ratssitzung dagegen. Er soll verhaftet werden, doch bevor es dazu kommt, wird der Zar bei einem Attentat getötet. Alexis wird sofort zum neuen Zaren ausgerufen.
Alexis' erste Beschlüsse - Freilassung alle politischen Gefangenen, Abschaffung der Privilegien, Staatsreform - stoßen nicht nur bei den Höflingen, sondern auch bei den Nihilisten auf Mißtrauen: "Gute Könige sind die einzigen gefährlichen Feinde der modernen Demokratie." Alexis soll ebenfalls ermordet werden. Der Zarenmörder wird gewählt, und das Los fällt auf Vera. Wie eine russische Corday geht sie in den Palast. Von Liebe zu Alexis übermannt, bricht sie dann aber ihren Eid. Sie tötet sich, um Alexis vor dem sicheren Tod zu bewahren.

Das erste Bühnenstück Oscar Wildes, 1880 veröffentlicht, ist ein Melodram über die Revolution und ihre Widersprüche, ein Thema, das später auch von Bertolt Brecht oder Ernst Toller aufgegriffen werden sollte.

Aufführungsarchiv

Digitales Textbuch