Theater

Katja Brunner

ändere den Aggregatzustand deiner trauer

Ein Teenager springt in den Tod. Dieser Selbstmord bildet den Auftakt für verschiedene Wesen in Tier- und Menschengestalt, ihre Sorgen zu artikulieren. Fuchs und Made zum Beispiel berichten von Versorgungsengpässen in einer denaturierten Welt. Der Teenager selbst wirft Schlaglichter auf seine kurze Biografie: Zeugung, Kindergarten und Schulzeit erzählen von seinem fremdbestimmten Leben im Räderwerk einer leistungsorientierten Erziehungsökonomie. Die verlassene Mutter, per Therapie zum Aushalten des Unaushaltbaren getrimmt, wird von ihrer unmittelbaren Umgebung bemitleidet und geächtet. Nur eine „Alt Gewordene“ wird zur magischen Seherin und hält eine Brandrede wider die Digitalisierung des Lebens. Der freie Fall des Teenagers wird schließlich zum Befreiungsschlag aus einer künstlichen Welt.
„Ein Text darüber, dass man vielleicht besser daran getan hätte, den Menschen bei seiner Geburt zu beweinen statt bei seinem Tod. Ein Text über die energetische Freisetzung, könnte man alle Depressionen aus den Herzen und aus den Köpfen mittelständischer mitteleuropäischer gepamperter Menschen löschen.“ (Katja Brunner)

frei zu besetzen

UA: Theater Luzern · 21.3.2014 · Regie: Marco Storman

Übersetzt in French

Aufführungsarchiv

14
Juni 2025
Katja Brunner

ändere den Aggregatzustand deiner trauer

Theater
Regie Kamila Polívková
Theater Slovenske Narodne Divadlo, Bratislava

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Katja Brunner

geister sind auch nur menschen

Die Heime, der ihrer Heimat beraubten Alten, Kranken und Unberührten sind Schauplatz im neuen Text von Katja Brunner. Es ist, so die Autorin im Vorwort, ein SPRECHEN OHNE ZUKUNFT und daher "freier als manch anderes Sprechen". Dieses Sprechen nimmt nicht Platz vor der Bettkante, sondern wühlt sich hinein in die mit Exkrementen und Wundschorf, Schläuchen und Kathetern verzierten Bettstätten der zum Liegen Verdammten. Abgeschirmt von einer Welt, der sie sich tatkräftig hingaben, betrachten sie verwundert die Scherben ihres gutbürgerlichen Lebens: Erlebtes steht neben unwiederbringlich Verpasstem, Träume mutieren zu Albträumen. Der durch einen Schlaganfall versehrte Körper wird von seiner Bewohnerin als vergessener Handschuh empfunden, einem anderen wird wegen sexueller Übergriffigkeit am weiblichen Pflegepersonal der Rauswurf angedroht. Von Berührungen durch Pflegerhand zugefügte Hämatome werden im allseitigen Einvernehmen als "Zeichen der Zuneigung" befunden. Kein Blatt mehr nehmen die Alten vor die ausgetrockneten Münder. Schwall um Schwall bricht es ungehört aus ihnen heraus. Am Ende gewinnt der Krebs die Oberhand. Gebannt lauschen sie dem inwendigen Wachsen des Tumors, bis ihre Kiefer runterklappen.

geister sind auch nur menschen ist ein Text für und von den Todgeweihten, die rundumversorgt im Heim ihre auf kapitalistische Betriebsamkeit getrimmten Nachkommen nicht behindern sollen; es ist ein pralles Drama, das die Sterbenden in die Mitte einer Gesellschaft, die sie professionell ausgrenzt, zurückholt.

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