Theater

Katja Brunner

DIE KUNST DER WUNDE

Eine Anamnese in 9 Bildern (zirka)

**Nominiert für den Mülheimer Dramatikpreis 2023**

Sieben Mediziner*innen stehen um ihn herum, den petrifizierten Patienten Fels, und versuchen, seinen Atem auszumachen, seinen Puls zu spüren. Zusammen mit den Mütter*n, der Schnuralistin, mit Marius I und II, den Kevins, einem Männerchor und einem Klappergestell bilden sie das Abbild der Gesellschaft: ein verwundeter Körper, der stetig mit sich ringt, wieviel dieser Wunde er preisgibt.
Es geht um uns alle in dem Gefüge, in dem wir leben: unsere politischen, sozialen, gesundheitlichen Strukturen, unsere geschichtliche Prägung, unsere Zukunft in dieser unsteten Welt. Was sind die Ängste und Sorgen der verschiedenen Menschen? Was sind ihre Wunden? Wem zeigen sie diese, mit wem verhandeln sie ihren Schmerz? Wer bestimmt Regeln und Normen, und wer bricht sie?

Durch eindrückliche Bilder, mit präziser Sprachwahl und einem fein abgestimmten Spritzer Komik seziert Katja Brunner den Staat mit all seinen Absurditäten und reißt menschliche Abgründe auf. Ein Text, bei dem einem das Lachen mitunter im Halse stecken bleibt.

Auftragswerk für das Schauspiel Leipzig

frei zu besetzen

UA: 30.04.2022 · Schauspiel Leipzig · Regie: Katrin Plötner

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Katja Brunner

geister sind auch nur menschen

Die Heime, der ihrer Heimat beraubten Alten, Kranken und Unberührten sind Schauplatz im neuen Text von Katja Brunner. Es ist, so die Autorin im Vorwort, ein SPRECHEN OHNE ZUKUNFT und daher "freier als manch anderes Sprechen". Dieses Sprechen nimmt nicht Platz vor der Bettkante, sondern wühlt sich hinein in die mit Exkrementen und Wundschorf, Schläuchen und Kathetern verzierten Bettstätten der zum Liegen Verdammten. Abgeschirmt von einer Welt, der sie sich tatkräftig hingaben, betrachten sie verwundert die Scherben ihres gutbürgerlichen Lebens: Erlebtes steht neben unwiederbringlich Verpasstem, Träume mutieren zu Albträumen. Der durch einen Schlaganfall versehrte Körper wird von seiner Bewohnerin als vergessener Handschuh empfunden, einem anderen wird wegen sexueller Übergriffigkeit am weiblichen Pflegepersonal der Rauswurf angedroht. Von Berührungen durch Pflegerhand zugefügte Hämatome werden im allseitigen Einvernehmen als "Zeichen der Zuneigung" befunden. Kein Blatt mehr nehmen die Alten vor die ausgetrockneten Münder. Schwall um Schwall bricht es ungehört aus ihnen heraus. Am Ende gewinnt der Krebs die Oberhand. Gebannt lauschen sie dem inwendigen Wachsen des Tumors, bis ihre Kiefer runterklappen.

geister sind auch nur menschen ist ein Text für und von den Todgeweihten, die rundumversorgt im Heim ihre auf kapitalistische Betriebsamkeit getrimmten Nachkommen nicht behindern sollen; es ist ein pralles Drama, das die Sterbenden in die Mitte einer Gesellschaft, die sie professionell ausgrenzt, zurückholt.

Digitales Textbuch