© Christa Holka

Frank Heibert

Frank Heibert, 1960 in Essen geboren, lebt als Literatur- und Theaterübersetzer mit seinem Mann Hinrich Schmidt-Henkel in Berlin. Er hat aus dem Englischen, Französischen, Italienischen und Portugiesischen ca. 120 Prosawerke und 120 Theaterstücke übersetzt, u. a. von Don DeLillo, Richard Ford, William Faulkner, George Orwell, George Saunders, Neil LaBute, Tony Kushner, Boris Vian, Raymond
Queneau, Marie Darrieussecq, Yasmina Reza, Aldo Busi, Curzio Malaparte, Jorge de Sena. Außerdem ist er als Dozent, Autor (Roman, Essays), Kritiker, Moderator und Jazzsänger tätig. Diverse Übersetzungspreise.

Frank Heibert, 1960 in Essen geboren, lebt als Literatur- und Theaterübersetzer mit seinem Mann Hinrich Schmidt-Henkel in Berlin. Er hat aus dem Englischen, Französischen, Italienischen und Portugiesischen ca. 120 Prosawerke und 120 Theaterstücke übersetzt, u. a. von Don DeLillo, Richard Ford, William Faulkner, George Orwell, George Saunders, Neil LaBute, Tony Kushner, Boris Vian, Raymond
Queneau, Marie Darrieussecq, Yasmina Reza, Aldo Busi, Curzio Malaparte, Jorge de Sena. Außerdem ist er als Dozent, Autor (Roman, Essays), Kritiker, Moderator und Jazzsänger tätig. Diverse Übersetzungspreise.

Theater

Audio

Nicky Silver

Die Hackordnung

Deutsch von Frank Heibert
2 D, 3 H, 2 Dek

Amanda, eine reiche, dünne und neurotische Dichterin, ruft mitten in der Nacht aus ihrem schicken Apartment in Chelsea die Telefonseelsorge an, weil ihr Ehemann Ford, ein freischaffender Filmemacher, seit zwei Wochen nicht von einem Spaziergang zurückgekehrt ist - ein Zeitraum, der zwei Drittel ihrer Ehe und die Hälfte ihrer Bekanntschaft ausmacht. Am Telefon ist Bea, deren Vorstellung von Zuhören die ist, selbst zu reden: "Sie haben keine Ahnung, was Einsamkeit heißt, bevor Sie nicht in meiner Haut gesteckt haben, aber von Kopf bis Fuß. Da haben Sie Einsamkeit nicht mal gekostet, nicht im selben Land mit ihr gelebt."

Die zweite Szene spielt in derselben Nacht: Serge, ein sehr schönes Model, bekommt Besuch von Otto, seinem Ex-Liebhaber direkt aus der Hölle: Otto ist fett und verrückt, quasselt pausenlos und ist wütend auf alles und jeden. Er will sich mit Gewalt wieder in Serges Leben drängen. Mit einer Tüte voll Junk Food unterm Arm kommt er herein und fängt sofort an, sich voll zu stopfen. Zwischen seinen Attacken auf den hilflosen Serge nimmt er immer wieder Anrufe seiner Mutter und seiner Therapeutin entgegen. Otto ist in jeglicher Hinsicht raumfüllend - und mit jedem neuen Happen, mit jeder neuen Ablehnung stockt er seinen Selbsthass auf...

Wie es sich für eine Farce gehört, stellt sich in der letzten Szene heraus, dass die fünf Figuren des Stücks (Amandas Mann kommt schließlich nach Hause) auf ganz unerwartete Weise miteinander verknüpft sind.

Theater

Tony Kushner

Die Illusion

Deutsch von Frank Heibert
2 D, 6 H, Verwandlungsdek

"In seiner Komödie L'illusion comique (1636) feiert Pierre Corneille das Theater als magische Illusionsmaschine. Pridamant sucht den Zauberer Alcandre in dessen Höhle auf, um sich von diesen Szenen aus dem Leben seines Sohnes Clindor, der sich seit Jahren nicht mehr zu Hause gemeldet hat, vorspiegeln zu lassen. Gespannt sieht der Vater dabei zu, wie sich der Sohn verliebt, wie er in Gefangenschaft gerät und die Flucht ergreift; entsetzt muss er mitansehen, wie Clindor schließlich erdolcht wird. Schlusspointe: Clindor ist Schauspieler, sein Tod war nur ein Bühnentod. Das vom Autor selbst etwas verschämt als "extravagante Bagatelle" bezeichnete und in Vergessenheit geratene Stück wurde in den letzten Jahren auch im deutschen Sprachraum wieder gerne gespielt. Ein französischer Klassiker im Hort der Gegenwartsdramatik? Nicht ganz: Gespielt wird hier nicht Corneille, sondern Tony Kushner. In seiner Nachdichtung hat der amerikanische Dramatiker vieles gerafft und manches hinzugefügt; das Gerüst und der Kern des Stückes aber bleiben unangetastet. Mehr noch: War L'illusion comique eine Hommage an das Theater, dann ist Die Illusion auch eine Hommage an L'illusion comique. Die Adaption liest sich wie eine sorgfältige, exquisit ausgestattete Neu-Edition eines kostbaren alten Textes. Kushner lässt sich - worin der besondere Charme seines Stücks besteht - vom alten Meister zu postischen Passagen inspirieren, wie man sie heute eigentlich nicht mehr schreiben würde, er poliert Corneille auf Hochglanz und erlaubt sich - bei allem Respekt - hier und da ein paar Änderungen." (Theater heute)

Theater

Jonathan Spector

Die Nebenwirkungen

Deutsch von Frank Heibert
3 D, 2 H

An der fortschrittlichen, inklusiven Eureka Day Grundschule in Berkeley, Kalifornien ist jedes Kind willkommen. Repräsentation, Geschlechtsidentität, soziale Gerechtigkeit – Eureka Day ist eine Bastion progressiver Ideale. Der engagierte Vorstand bestehend aus Schuldirektor Don und den Eltern Suzanne, Eli, May und Carina trifft sich wöchentlich in der Schulbibliothek, um die Belange der Kinder sehr umsichtig und empathisch zu verhandeln. Entscheidungen werden nur im Konsens getroffen. In einem Notfall-Treffen erfahren die Vorstandsmitglieder aus einem offiziellen Brief des Gesundheitsamtes: Es gab einen Mumps-Ausbruch an der Schule. Alle nicht immunisierten Kinder sollen zu ihrem eigenen Schutz in Quarantäne bleiben, bis diese Anweisung wieder aufgehoben wird. Diese Information muss an alle Eltern weitergegeben werden. Nun versucht das fünfköpfige Komitee diplomatisch darüber zu beraten, wie dies unter Rücksichtnahme der Bedürfnisse aller geschehen kann. Zur vollen Transparenz wird kurz darauf ein Online-Meeting mit der gesamten Elternschaft veranstaltet. Die Diskussion im Chat wird jedoch schnell persönlich und verletzend. Plötzlich sieht sich die Schulleitung mit der zentralen Frage unserer heutigen Zeit konfrontiert: Wie kann man einen Konsens erzielen, wenn sich niemand auf die Wahrheit einigen kann?

Diese Satire über das politisch korrekte, linksliberale Bürgertum verschiebt sich hin zu ernsthaften Diskussionen über Gemeinwohl und den Umgang mit wissenschaftlichen Fakten. Persönliche Erfahrungen verschmelzen untrennbar mit statistisch erhobenen Daten zu einem komplexen, emotionalen Argumentationswust. Der ideologische Krieg zwischen den Eltern ist entfacht.

Theater

Tony Kushner

Engel in Amerika Teil I: Die Jahrtausendwende naht

Deutsch von Frank Heibert
3 D, 5 H, Verwandlungsdek

"Ein Schwulenpärchen driftet auseinander, weil der eine Aids hat und immer unästhetischer dahinsiecht; eine Mormonenehe zerbröckelt, weil manchmal auch ein Heiliger der letzten Tage seiner Natur gemäß lieber Männer liebt; ein omnipotenter, doch HIV-positiver Rechtswegbereiter der republikanischen Politpower sackt ab, weil selbst seine staatstragende Korruption letztlich auf physischer Gesundheit gründet. So weit die Handlung, drei grobfaserige, ziemlich beliebige Fäden, die dann allerdings kunstvoll zu einem faszinierenden Zeitbild verwoben werden. Homosexualität und Aids sind einerseits souverän thematisiert, andererseits wird der tragische Grundton immer wieder, dramaturgisch präzis und sprachlich brillant, von blitzendem Witz und berfreiender Ironie gebrochen.
Tony Kushner schildert das Spezielle und trifft das Allgemeine. Seine "Schwulen Variationen über gesellschaftliche Themen" (Untertitel) sind die Momentaufnahmen einer uralten Welt, die - wieder einmal - auf einen Nullpunkt zuschlingert. Die Köpfe und Körper der Menschen sind verseucht. Der Staat: bankrott. Die Religion: bankrott. Die Natur: bankrott. Was bleibt, ist hie und da eine lächerliche Liebe, da und dort ein Häufchen Heuchelei , viel reflexartiger Rassismus, vielerlei fanatisch-religiöse Surrogate und vor allem eine respektable Restmenge Selbsterhaltungstrieb, der die meisten weitermachen lässt, in der Regel unter dem Banner des ökonomischen Positivismus: Good Morning, America! Wir schreiben die Blütezeit Ronald Reagans. Es geht uns gut, und wem´s nicht gut geht, der ist aller Scheinheiligkeit nach selber schuld." (Neue Zürcher Zeitung über die Deutschsprachige Erstaufführung am Theater am Neumarkt, Zürich)

Theater

Nicky Silver

Fette Männer im Rock

Deutsch von Frank Heibert
2 D, 2 H, Verwandlungsdek

"Ich halte das nicht aus, der Strand ist das letzte. Ich heiße Phyllis Hogan, und ich halte es am Strand einfach nicht aus. Für mich ist das der Inbegriff von Monotonie. Bloß Sand und Wasser und Sand und Wasser. Und noch mehr Sand und noch mehr Wasser. Bäh. Und da, bitte sehr, ein vollkommen gut erhaltenes Paar Schuhe aus Krokodilleder, von Gucci, total hinüber! Ich habe nie begriffen, was an der Meeresküste dran sein soll: Sand in den Strümpfen und junge Mädchen in knappen Badeanzügen mit knackigerem Körper als man selber. Als ich ein junges Mädchen war, habe ich mich immer im Sand eingegraben. Kopf zuerst."

Mit diesen Worten beginnen dieses Stück von Nicky Silver und Phyllis´ doch recht erstaunliche Überlegungen angesichts der Tatsache, dass sie und ihr Sohn Bishop gerade einen Flugzeugabsturz überlebt haben. Die beiden waren auf dem Weg zu Howard, Filmemacher auf Motivsuche in Italien, außerdem Phyllis´ nicht sehr treuer Ehemann und Bishops Vater. Bishop ist elf Jahre alt, stottert und treibt im folgenden seine Mutter mit seiner Katharine-Hepburn-Begeisterung zur Verzweiflung.

Und doch kommen sich Mutter und Sohn in den fünf Jahren, die sie an diesem Strand verbringen müssen vor ihrer Rettung (und in denen Bishop zum menschenfressenden Monster mutiert), auch näher. Fette Männer im Rock - eine ödipale Komödie?! Wieder zu Hause bringt Bishop jedenfalls seinen Vater um, nachdem schon dessen Geliebte Pam, die sich seit ihrer Rückkehr im Schrank versteckte bzw. als das Dienstmädchen ausgab, das Leben lassen musste, damit sie nicht Phyllis´ und Bishops kleines Geheimnis ausplaudern konnte...

Wie schon in Pterodactylus ist Silvers Thema in Fette Männer im Rock wieder die moderne Familie. Und wieder räumt er ihr keine sehr guten Überlebenschancen ein.

Theater

Tony Kushner

Ratgeber für den intelligenten Homosexuellen zu Kapitalismus und Sozialismus mit Schlüssel zur Heiligen Schrift

Deutsch von Frank Heibert
5 D, 6 H

Der Titel des Stücks ist inspiriert von George Bernard Shaws Wegweiser für die intelligente Frau zum Sozialismus und Kapitalismus und Mary Baker Eddys Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift. Anknüpfend an diese Werke des 19. Jahrhunderts schaut das Stück auf das Leben des pensionierten Hafenarbeiters Gus Marcantonio, der vom 21. Jahrhundert verwirrt und niedergeschlagen ist. Es geht um ein zentrales Thema unserer Zeit: Haben Arbeiter ein Recht darauf, sich gewerkschaftlich zu organisieren und ist dies gut für die Gesellschaft? Im Sommer 2007 lädt Gus seine Schwester und seine drei Kinder (die ihre Ehepartner, Ex­Ehepartner, Geliebten und andere mitbringen) nach Brooklyn in sein Haus zu einer höchst unüblichen Familienvereinigung ein. Sie sollen darüber abstimmen, ob er Selbstmord begehen soll. Die Familie ist aufgebracht und es kommt zur familiären Abrechnung. Bisher unausgetragene und schwelende Konflikte werden nun offen ausgetragen. Mit Humor und Leidenschaft verhandelt das Stück die Bedeutung von Verbundenheit und Zugehörigkeit – zu einer Familie, einer Gemeinde, einer Gruppe, einer Ideologie, einer Ehe – und was passiert, wenn diese Beziehungen fehlen. In diesem Familiendrama kollidieren aufgebrachte Emotionen mit jahrzehntelangen unausgesprochenen Ressentiments. iHo ist ein Stück über Gewerkschaften, über Kommunismus, Marxismus und Sozialismus. Und es handelt von Verzweiflung, Tod und Sex. Was ist ein Menschenleben wert im Kapitalismus? (Ankündigung des Nationaltheaters Mannheim)

DSE Frei

Theater

Jonathan Tolins

Wenn mich nicht alles täuscht

Deutsch von Frank Heibert
8 D, 7 H, Verwandlungsdek

Diane Barrow, alternder Fernseh-Star, bemüht sich vergeblich, an ihren früheren Erfolg anzuknüpfen. Sie bekommt in Hollywood keine Rollen. Ihr Sohn Russell hat gerade sein Studium abgebrochen, ist nach L.A. zurückgekehrt und weiß jetzt nicht, was er mit sich anfangen soll. Seine ehemalige Freundin Pam, die eine Performance zum Thema sexueller Missbrauch in dem kleinen Theater Java Nagila macht, bewegt ihn dazu, eine Therapie anzufangen. Er erzählt der Therapeutin von seiner Kindheit, der unglücklichen Ehe seiner inzwischen geschiedenen Eltern und seinem besonders innigen Verhältnis zu seiner Mutter, die ihn schon früh zu ihrem Vertrauten machte.
Im Java Nagila macht Russell jetzt seine eigene Performance, in der er die "Ich bin das Opfer sexuellen Missbrauchs"-Mode persifliert. Er nennt sich das "Opfer einer glücklichen Kindheit". Aber dann erfährt er von seinem Vater Stan, dass seine Mutter ihn wirklich missbraucht und auch geschlagen hat. Im folgenden erlebt er, dass seine Mutter ihm ausweicht und die Verantwortung dafür ablehnt, dass es ihm jetzt schlecht geht.
Der Skandal nimmt seinen Lauf, der Ball kommt ins Rollen: Wir erfahren, dass Stan die Story in Hollywood verkaufen will. Alle Sender reißen sich jetzt um Diane.
Bedrängt von allen Seiten, geht Russell zu seiner Mutter, um ihr zu sagen, dass er bereit ist, alles als Missverständnis bekannt zu geben. Zu spät: Diane ist klar geworden, dass auch sie Opfer sexuellen Missbrauchs durch ihren Vater war. Ihr Entschluss steht fest, damit an die Öffentlichkeit zu gehen und dem Teufelskreis ein Ende zu machen.
Im Abspann hören wir von Diane Barrows unglaublichem Comeback. Sie verfilmt ihre eigene Lebensgeschichte.

Aufführungsarchiv

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